KOMMENTARE

Lassen wir uns vom „Unwort“ nicht blenden

von Redaktion

Debatte über „biodeutsch“

Zum Glück brauchen die meisten Bürger keinen Rat von der Unwort-Jury, wie sie zu sprechen haben. Und wollen auch keinen. Das Wort „biodeutsch“, soeben gekürt, ist so klar verhetzend, mit Arier-Anklang, dass es keinerlei Belehrungen von selbsternannten Sprachräten braucht, um die Menschen darauf aufmerksam zu machen. Was allerdings nebenbei auch auffällt: Es ist nun das siebte Jahr in Folge, in dem die Jury emsig Begriffe aus den Bereichen Migration und Klima verunwortet. Ein politisches Weltbild und ein hohes Sendungsbewusstsein sind hinter dieser Sprachnachhilfe zu erkennen. Das ist recht unkreativ. Und es ermüdet.

Was ärgerlicher ist als das rituelle Unwort-Getue: Das wirkt wie der Versuch, unangenehme reale Probleme hinter der Kritik an überzogener Wortwahl wegzudrücken. Wie 2023 bei „Remigration“, wie 2022 bei „Klimaterroristen“. In unserem Land ist Integration millionenfach geglückt, und das ist großartig und diese Zuwanderer sind längst systemrelevant – aber auch millionenfach gescheitert. Leider stand in vielen Fällen der Erwerb der Staatsbürgerschaft im Verlauf eines eben nicht geglückten Integrationsprozesses. Das neue Staatsbürgerschaftsrecht der Ampel hat diese Fehlentwicklung verstärkt, denn die Hürden für den deutschen Pass sind gesenkt worden und vier von fünf Antragstellern wollen ihre alte Staatsbürgerschaft parallel behalten. Sollen wir davor die Augen verschließen, jedes statistisch evidente Problem wegschweigen?

Statt dem „Biodeutsch“-Unwort hinterherzuhecheln, ist ein differenzierter Blick auf die Realität nötig. Dazu gehört eindeutig der aktuelle Vorstoß von CDU-Chef Friedrich Merz, Doppelstaatlern, die schwer straffällig werden oder sich gegen unsere Demokratie wenden, den deutschen Pass wieder zu entziehen; mit allen Konsequenzen auch fürs Aufenthaltsrecht. Das ist richtig so. Dieser Schritt löst nicht alle Probleme, kann nur ein Teilstück einer konsistenten und harten Innenpolitik sein. Aber als Staat muss man eben Fehler bei der Einbürgerung, befördert durch eine nach 2015 unselige Kombination aus Kontrollverlust und ideologischer Großzügigkeit, wieder rückgängig machen können. Das ist nicht migrationsfeindlich, nicht diskriminierend, sondern macht unser buntes Land für alle attraktiver, die sich hier an Regeln halten wollen.
CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET

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