„Wir werden noch immer für Grüne und SPD in Mithaftung genommen“, sagt Marco Buschmann. © Pedersen/dpa
39 Tage sind es bis zur Wahl. Für die FDP geht es ums Überleben. Ein Gespräch mit Marco Buschmann, der in der Ampel Justizminister war und heute als Generalsekretär den Wahlkampf organisiert, über alte Fehler und neue Versprechen.
Herr Buschmann, im November, als die Ampel zerbrach, lag die FDP bei 5 Prozent, heute sind es 4. Das hat sich ja mal voll gelohnt…
Die neuesten Umfragen gehen nach oben. Das Dreikönigstreffen in der letzten Woche war ein starker Auftakt für das Wahljahr. Die Motivation ist hoch, es gibt eine große Bereitschaft, die FDP zu unterstützen. Auch die Spendeneingänge sind phänomenal und die Veranstaltungen sind sehr gut besucht.
Sie sagen selbst: Es gibt bei vielen Menschen ein liberales Lebensgefühl. Warum schafft die FDP nicht, das einzusammeln?
Liberales Lebensgefühl heißt: Ich möchte für mein Leben selbst Verantwortung tragen und deshalb auch die Freiheit haben, selbst entscheiden zu können. Gerade bei Menschen, die so empfinden, wirkt die Ampel noch nach. Denn das Regierungsbündnis war bei vielen Liberalen sehr unbeliebt und hatte als Gesamtaufstellung nicht die Kraft, die dringend notwendigen Reformen bei Wirtschaft, Modernisierung des Staates und Migration in dem Umfang durchzuführen, für den wir uns eingesetzt haben.
Viele Stammwähler werfen Ihnen vor, dass Sie die Ampel zu spät verlassen haben.
Ich glaube, eine Diskussion darüber ist vergossene Milch. Jetzt muss der Blick nach vorne gehen – für eine echte Veränderung im Land.
Christian Lindner hat vor ein paar Wochen gesagt, man müsse mehr Milei und Musk wagen – der Satz ist schlecht gealtert. Elon Musk feiert die AfD.
Es ging doch um etwas ganz anderes: Noch nie hatte der Staat so viel Geld, so viel Personal und so viele Befugnisse wie heute – und trotzdem funktioniert er nicht besser, sondern schlechter. Er verzettelt sich und verwaltet sich selbst zu Tode. Das ärgert viele Menschen in unserem Land. Deshalb bin ich überzeugt: Das staatliche Mikromanagement muss ein Ende finden. Wir müssen den Staat wieder stärker auf seine Kernaufgaben ausrichten.
Diese Menschen gehen aber nicht zu Ihnen, sondern zu AfD.
Das muss ja nicht so bleiben. Denn die AfD macht keine Lösungsangebote, sondern bedient vor allem Frust. Ich bin überzeugt, dass wir an die Wurzel dieses Frusts ranmüssen: Seit Jahren haben wir in Deutschland nur noch Notkoalitionen des kleinsten gemeinsamen Nenners. Das fing mit der Großen Koalition von Angela Merkel an und ging bei Wirtschaft und Migration mit der Ampel weiter. Diese Mitte-Links-Koalitionen stehen für eine Politik der Trippelschritte. Das ist kein Modell für die Zukunft. Deshalb werbe ich für eine klare bürgerliche Mehrheit, um für die nötigen Veränderungen bei Wirtschaft, Migration und Energie zu sorgen.
Schwarz-Gelb hätte mehr Gemeinsamkeiten, die FDP wirbt dafür, die Union sträubt sich.
Es gibt viele prominente Stimmen in beiden Parteien, die das für die beste Machtperspektive halten. Denken Sie an den jüngsten Aufruf von Armin Laschet dazu. Das ist meiner Ansicht nach auch die einzige Perspektive, die eine Chance hat, Protestwähler von den Rändern wieder für die demokratische Mitte zu gewinnen. Daran sollten alle ein Interesse haben, die unsere Demokratie stabilisieren wollen.
Das Institut der deutschen Wirtschaft beziffert die Kosten für Ihre Steuerentlastungen auf 95 Milliarden Euro. Woher soll das Geld kommen?
Unser Entlastungspaket ist seriös finanzierbar. Christian Lindner hatte als Finanzminister milliardenschwere Einsparvorschläge vorgelegt. Weitere 25 Milliarden Euro können wir allein durch die Streichung ineffizienter Klimasubventionen einsparen. Die Begrenzung irregulärer Migration bringt weitere Milliardenbeträge. Zudem ist es so, dass viele der von uns vorgeschlagenen Maßnahmen schrittweise umgesetzt werden sollen – und dadurch auch erst schrittweise haushaltswirksam werden. Dabei gilt: Wenn wir Bürger und Betriebe entlasten, führt das zu mehr Wirtschaftswachstum. Wächst die Wirtschaft jedes Jahr, dann entsteht eine Art Zinseszinseffekt. Es kommt also immer mehr Geld in die Kasse.
Haben Sie sich schon bei Robert Habeck für seine Idee bedankt, Sozialabgaben auf Kapitalerträge zu erheben? Schöne Wahlkampfhilfe für die FDP!
Das ist ein weiterer Vorschlag der Grünen, um die Mitte unseres Landes zu schröpfen. Nun wollen die Grünen aufs Sparkonto und das Depot zugreifen. Das ist verantwortungslos.