Nein: München ist keine einfache Stadt – und die Münchner sind auch keine einfachen Leute. Wir wollen eine Weltstadt sein, aber gleichzeitig gemütlich bleiben. Die Fassaden sollen glänzen, aber im Hinterhof soll‘s bitte weiterhin eine Meister-Eder-Werkstatt geben. Eine, von der der Meister Eder leben kann – und bei der‘s trotzdem einen Einbauschrank gibt, den sich ein Normalverdiener leisten kann.
Solche Ansprüche sind schwer unter einen Hut zu bringen. Das gilt in so gut wie jedem Bereich, für den die Stadtpolitik zuständig ist, am deutlichsten merkt man‘s aber bei großen Bauprojekten. Vor allem, wenn‘s um Hochhaus-Pläne geht (wie aktuell auf dem Paketpost-Gelände). Den einen können die Beton-Türme gar nicht hoch genug sein: Sie weisen in der Regel darauf hin, dass solche Vorhaben der Wirtschaft guttun und Wohnraum schaffen. Die anderen sind derweil im Prinzip gegen jeden Neubau: Sie weisen auf die schützenswerte Stadt-Silhouette und auf Gefahren der Gentrifizierung hin.
Wie immer liegt der beste Weg aber nicht in einem der Extreme, sondern in der Mitte. Dieser Weg soll uns – bezogen auf die Bau-Debatte – in eine Stadt der Zukunft führen, die hoch hinaus will und gleichzeitig bodenständig bleibt. Wenn jetzt wieder über eine grundsätzliche 100-Meter-Grenze für jedes Münchner Projekt diskutiert wird, dann ist das deshalb ein falscher Impuls. Denn Neuhausen ist anders als das Lehel, das Werksviertel ist anders als die Borstei. Warum sollte es im Autoverkehr Tempo 30, Tempo 50 und Tempo 60 geben (eben je nach Situation), für Bauprojekte aber in jedem Stadtviertel die gleichen Regeln?
Natürlich: Man muss die Münchner Paketpost-Pläne nicht mögen. Aber: Man muss über dieses Hochhaus-Projekt und über mögliche andere zumindest einzeln diskutieren dürfen. Der Planungsausschuss des Münchner Stadtrats hat gestern grundsätzlich grünes Licht für die weitere Paketpost-Planung gegeben und damit den Weg offen gehalten – das ist gut und richtig so. Die Debatte läuft – auch wegen einer Initiative der Gegner für einen Bürgerentscheid – ohnehin weiter.
ULRICH.HEICHELE@OVB.NET