Manchmal scheitern große Dinge an ganz kleinen Geistern. Kurz schien der lang ersehnte Deal zwischen Israel und der Hamas gestern doch noch zu wackeln, weil den Islamisten urplötzlich neue Forderungen einfielen und zwei rechtsextreme Regierungsparteien in Israel Drohkulissen aufbauten. Es war ein elendes Spiel mit den Hoffnungen der Menschen auf beiden Seiten – als hätten sie nicht schon genug gelitten.
Das Bangen zeigt auch, wie labil jenes Abkommen ist, auf dem nun die Hoffnungen der Region und der Welt liegen. 42 Tage sollen die Waffen vorerst ruhen. Das durchzuhalten, wird Kraft erfordern. Ob diese erste Phase dann die Basis für ein Ende des Krieges sein kann, wird davon abhängen, ob zentrale Fragen beantwortet werden können. Dazu zählt, wer Gaza künftig regiert – und welche Rolle die Hamas spielen wird, jene Bande von Fanatikern, die sich nach ihrem bestialischen Überfall monatelang feige hinter der eigenen Bevölkerung versteckte und nun versucht, das Abkommen in einen Sieg umzudeuten.
In Wahrheit haben die Terroristen einen Großteil ihrer Ziele verfehlt. Israel lebt und hat es in den vergangenen Monaten geschafft, die von Iran finanzierte „Achse des Widerstands“ erheblich zu schwächen. Das ist ein Gewinn für die Welt, auch wenn der Preis – zehntausende Tote und die quälende Ungewissheit über das Schicksal der Geiseln – unfassbar hoch ist.
Dass die Menschen auf beiden Seiten nun Hoffnung schöpfen dürfen, ist einer Art unfreiwilligem Teamplay zu verdanken, einem Zusammenspiel aus klassischer Diplomatie und einem disruptiven Moment. Die Beharrlichkeit, mit der die USA unter Joe Biden mit ihren Partnern (auch Deutschland) immer wieder zu vermitteln versuchten, ebnete den Weg. Aber es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Donald Trumps ruppige Drohung, ohne einen Deal werde die Hölle losbrechen, die Nahost-Akteure noch mal ordentlich durchrüttelte; und zwar nicht nur die Reste der Hamas, sondern auch Israels Premier Netanjahu, der Trumps Gunst in Zukunft benötigt.
Wenn der Republikaner am Montag die US-Regierungsgeschäfte übernimmt, werden die Kämpfe in Nahost hoffentlich seit einem Tag ruhen. Die Verantwortung dafür, die labile Lage zu managen und auf einen echten Frieden hinzuarbeiten, liegt dann auch bei Trump. Härte allein wird nicht zum Ziel führen.
MARCUS.MAECKLER@OVB.NET