Eigentlich wolle er keinen Migrations-Wahlkampf führen, sagte Friedrich Merz schon vor Monaten. Links der Mitte beschimpfte man ihn dafür als verlogenen Kreidefresser. Dabei ist es schlicht die Realität, dass sich die Union im Wahlkampf mit Flucht, Migration und Integration immer schwer tat. Sie wollte nicht das AfD-Kernthema groß machen, aber auch nicht an den Leuten vorbei reden. Ergebnis der ehrenvoll gemeinten Eierei: Stimmenverlust.
2017 wurde es zu schrill intoniert. 2021 indes war Kanzlerkandidat Laschet viel zu nah am Merkel-Flügel, um glaubwürdig für einen Kurswechsel zu streiten. Und die CSU in Bayern probierte einen Wohlfühl-Wahlkampf, klebte Plakate von glücklichen Kühen. Die waren zweifellos populärer als Laschet, trafen aber nicht den Nerv der Zeit. Auch 2023 im Bayern-Wahlkampf schwenkte die CSU erst im September steil auf Migration um, Stichworte Integrationsgrenze, Arbeitspflicht, Sachleistungsprinzip. Das kam sehr spät.
Heuer ist die Strategie klüger angelegt. Der Schlüssel dazu: Söder und Merz sind auf diesem Politikfeld auf einer Linie, und zwar auf jener der CSU, was beider Verdienst ist und für die Union sehr wichtig. Auch Merz sendet inzwischen klare Botschaften zu Rückführung, Abweisung, Doppelpass, sollte sie sogar noch öfter aussprechen, damit ihm mehr Leute als bisher glauben. Das ist nicht Hetze, nicht Hochziehen eines Themas – sondern die Einsicht, dass Asyl und Integration neben Wirtschaft längst die Fragen sind, die die Wähler am meisten umtreiben. Und das seit Jahren! Die Menschen erwarten von ihren Parteien Antworten, die wie bei der Union übrigens ein klares Bekenntnis zu Fachkräfte-Zuwanderung einschließen.
CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET