Was bleibt von ihm? Joe Biden musste große Krisen managen. Er machte die USA wieder zum verlässlichen internationalen Partner. Doch seine Amtszeit hat auch dunkle Stellen. © Vucci/dpa
Washington – Wenn Historiker in einigen Jahren mit der üblichen Distanz auf die vierjährige Amtszeit Joe Bidens zurückblicken, wird sich als Fazit ein Fakt aufdrängen: Die Welt hat einen US-Präsidenten erlebt, der es nicht schaffte, die Zeichen der Zeit zu erkennen und sich rechtzeitig aus dem Amt zurückzuziehen. Seine Altersschwäche war seiner Familie und seinen Helfern bereits 2021 bekannt. Der kognitive Verfall wurde dann durch ein geschicktes Abschotten und durch den Demokraten nahestehende Medien lange verheimlicht, bis es nicht mehr möglich war: Das TV-Duell mit Donald Trump zeigte mit Brutalität die versuchte Täuschung der Wählerinnen und Wähler.
Das Ergebnis ist bekannt: Die Parteispitze erzwang Bidens Rücktritt als Spitzenkandidat, Kamala Harris wurde unter enormem Zeitdruck ohne Basis-Abstimmung in die Position geschoben – und verlor die Wahl. Harris war nicht nur eine programmatisch und rhetorisch schwache Kandidatin, sondern hatte auch durch Bidens eigensüchtiges Ausharren kaum Zeit, sich öffentlich zu etablieren. Dass Biden nicht auch als Präsident zurücktrat, half dem Republikaner Trump ebenfalls. Harris hätte zumindest ein bis zwei Jahre das Weiße Haus führen können, was ihren Status womöglich verbessert hätte. Doch Biden und seine Familie weigerten sich, obwohl der 82-Jährige versprochen hatte, ein „Übergangskandidat“ für eine „neue Generation“ sein zu wollen.
Die politischen Glanzpunkte in seiner Amtszeit sind rar
Politische Glanzpunkte in der Amtszeit sind rar. Biden verabschiedete im Ausgabenrausch und ohne die Konjunkturerholung nach der Pandemie abzuwarten mehrere Programme, die aber so reichhaltig konzipiert waren, dass sie auch zur Belebung der Inflation beitrugen. Diese erreichte zwischenzeitlich atemberaubende 9,1 Prozent. Das ging so an Bidens Nerven, dass er einen Reporter nach dessen Frage zur Preisentwicklung als „stupid son of a bitch“ (dummer Mistkerl) abkanzelte. Die Verbraucherpreise stiegen in den vier Jahren um rund 22 Prozent an, was den Republikanern jede Menge Munition lieferte.
Ein weiterer großer Fehler des Demokraten war es, die illegale Migration in die USA bewusst zu erleichtern. Schon an seinen ersten Arbeitstagen revidierte Biden Grenzsicherungsmaßnahmen Trumps und ließ auch den Weiterbau neuer Befestigungsanlagen stoppen. Der Grenzschutz wurde dann durch den Massenansturm von Migranten so überwältigt, dass Hunderttausende ohne Hintergrund-Check ins Land kamen und nur teilweise aktenkundig erfasst wurden. Selbst Bürgermeister der Demokraten in großen Metropolen wie New York protestierten gegen die daraus resultierenden Belastungen.
Biden folgte mit der Idee offener Grenzen dem Druck des progressiven Lagers in der Partei, das auch andere Aktionen des Präsidenten bestimmte. In der Nahost-Politik fügte sich Biden dem Druck der Anti-Israel-Bewegungen und versuchte, den Verteidigungskrieg des Partners durch Mikro-Management zu steuern. Ziel war unter anderem, dass Israel die libanesische Hisbollah nicht attackiert, weil Biden den Iran nicht unnötig provozieren wollte. Doch Israel ignorierte das – und eliminierte die Hamas- und Hisbollah-Führung.
Auch beim Ukraine-Krieg schwächelte Biden. Die ersten Waffenlieferungen kamen nur zögerlich. Und der Präsident spürte die Folgen seiner unbedachten Aussage bei einer Pressekonferenz, mit der er angedeutet hatte, auf eine „kleine Invasion“ durch Russland kaum reagieren zu wollen. Der überhastete Afghanistan-Abzug, der am Flughafen Kabul zur chaotischen Szenen und 13 toten US-Soldaten sorgte, passt in die magere außenpolitische Bilanz Bidens. Es bleibt der Eindruck, dass der Demokrat, den die Partei 2020 als „gemäßigte Alternative“ zum irrlichternden Wüterich Donald Trump angepriesen hatte, mit seinen Entscheidungen die tiefen Gräben in Washington nicht überwinden konnte und dem Land einen weiteren Sieg Trumps bescherte.