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Ein Tornado namens Trump

von Redaktion

Amtsübernahme in Washington

Heute schließt sich der Kreis für eine der größten politischen Comeback-Stories der amerikanischen Geschichte. Donald Trump wird erneut als Präsident vereidigt, und nicht nur Europa starrt mit Spannung und Furcht in Richtung Washington. Ein „Blizzard“ an Exekutiventscheidungen wird bereits am ersten Arbeitstag erwartet, und Republikaner sagen „Tage des Donners“ voraus. Und das „Wall Street Journal“ spricht von einem „globalen Chef-Störer“, was die Auswirkungen von Trumps künftiger Politik angeht. In den USA hat ein Teil jener, die sonst stets zuverlässig auf der Seite der Liberalen standen, bereits neu Position bezogen. Mark Zuckerberg und Jeff Bezos sind nur einige der Prominenten aus dem Silicon Valley, die nun die Nähe Trumps suchen – und dafür bereit sind, ihn zu hofieren.

Was bei der Bewertung des nun zu erwartenden Trump-Tornados unbedingt berücksichtigt werden muss, ist der Fakt, dass er 2028 nicht erneut ins Weiße Haus gewählt werden kann. Es ist also die letzte Show des früheren Reality-TV-Stars. Und er muss deshalb auf niemanden Rücksicht nehmen – schon gar nicht die US-Demokraten, für die er weiter die größte Hassfigur ist. Und auch nicht auf die Europäer, auf die er in seiner ersten Amtszeit oft herablassend geblickt hat. Macht er all das zur Realität, was er während seiner Wahlkampagne versprochen hat? Es würde einem nationalen wie internationalen Erdbeben gleichkommen. Massen-Abschiebungen von Migranten? Harsche Strafsteuern gegenüber Ländern, die er als Konkurrenz empfindet? Sichert er sich irgendwie Grönland und den Panama-Kanal? Begnadigt er jene, die am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmten? Bombardiert er iranische Atomanlagen? Keine Frage: Der Welt stehen unruhige und von Ungewissheit geprägte Jahre bevor.

Denn was bei Trump stets gefehlt hat, war Berechenbarkeit. Er erfüllt nicht die Normen eines „normalen“ Politikers, der es nie wagen würde, Wahlsiege anderer in Frage zu stellen, kriminelles Verhalten zu normalisieren oder anzukündigen, seine politischen Gegner und ungeliebte Journalisten strafrechtlich verfolgen zu lassen. Müsste man einen Kontrapunkt zu Joe Biden finden, der sich durch die letzten Jahre geschleppt hat, so wäre dies Trump.

Was den hyperaktiven Trump zusätzlich animieren dürfte, ist die Tatsache, dass er den Republikanern sowohl den Senat als auch das Repräsentantenhaus beschert hat. Ernst zu nehmender Widerstand in den eigenen Reihen ist deshalb noch nicht zu erwarten. Diesen dürfte es frühestens 2026 geben, wenn sich auch republikanische Bewerber für die nächste Präsidentschaftswahl warmlaufen.

Dass sich Europa und die USA nun in vielen Punkten – von der Verteidigungspolitik bis zum Handel – auf einen Kollisionskurs begeben werden, ist wahrscheinlich. Und einen Politiker wird das überhaupt nicht stören: Donald Trump.
REDAKTION@OVB.NET

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