Donald Trump hat nach seiner Amtseinführung keine Zeit verloren. Mit einer Flut an Exekutiv-Anordnungen am Kongress vorbei hat er, wie versprochen, zahlreiche Entscheidungen Joe Bidens revidiert. Gleichzeitig haben seine von stark nationalistischen Tönen geprägten provokanten Reden gezeigt, dass er mit seinem „America first“-Prinzip auf niemanden große Rücksicht nehmen wird. Es gibt noch weitere Erkenntnisse aus dem Start seiner zweiten Amtszeit.
1. Trump wird weiterhin Politik mit dem Show-Faktor betreiben – und wohl gelegentlich übertreiben. Noch nie hatte es einen Präsidenten gegeben, der vor 20 000 Fans umjubelt jede Menge kontroverse Anordnungen unterzeichnet – und dann die Stifte als Souvenirs in die Menge wirft.
2. Trump wird es nicht kompliziert machen – auch nicht für das Ausland, das ihn erneut zu verstehen versucht. Trumps Popularität lebt von einfachen Botschaften und Populismus für jene, die wie er selbst eigentlich gar kein Interesse am Brückenschlagen und einer vereinten Nation in einem schon lange politisch tief gespaltenen Land haben.
3. Ein Teil der US-Demokraten scheint begriffen zu haben, dass es keinen Sinn mehr macht, die letzten vier Jahre unter Joe Biden zu verteidigen und strikte Opposition zu leisten. Das könnte Trump das Regieren leichter machen – wie die Bestätigung von Außenminister Marco Rubio mit 99 zu null Stimmen im Senat zeigt. Zumal ist Bidens Last-Minute-Begnadigung seiner Familienmitglieder auch bei vielen Liberalen schlecht angekommen.
4. Trump sieht sich von Gott berufen. Das macht ihn deshalb nicht ungefährlich, weil sein Mega-Ego ihn animieren könnte, über realistisch erreichbare Ziele hinauszuschießen. So fürchtet, wie das schnelle Statement aus Panama zeigt, die dortige Regierung bereits um ihren Kanal. Denn Trump dürfte es ernst meinen. Auch muss Mexiko mit Kommandoaktionen von US-Militärs gegen die heimischen Drogenkartelle rechnen. „Sie töten unsere Menschen“, sagte Trump.
5. Trump hat nun, und das macht ihm das Leben leicht, die großen Sozialen Medien im Rücken. Hinter seiner Familie waren bei der Vereidigung die wichtigsten Bosse aus dem Silicon Valley wie Orgelpfeifen aufgereiht.
6. Trump ändert Meinungen nur selten. Er bezeichnet die Wahlen von 2020 immer noch als „gestohlen“ – und nannte die nach der Kongress-Stürmung vom 6. Januar 2021 von der Biden-Justiz verurteilten Randalierer immer wieder „Geiseln“, die er wie sich selbst politisch verfolgt sieht. Mindestens 1500 wurden jetzt von Trump begnadigt. Ein Zeichen, dass auch rechtswidriges Handeln von ihm unter bestimmten Umständen toleriert wird.
7. Seine geplanten Massendeportationen werden sich nicht gegen legal im Land lebende Migranten richten. Er habe nichts gegen diese, betonte er, denn man benötige sie für Arbeitsplätze. Doch für Millionen Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus hat das große Zittern begonnen.
8. Trump wird, auch wenn er die Nato nicht in seiner Antrittsrede erwähnte, den Alliierten und damit auch Berlin weiter im Ohr liegen. Die Nato müsse deutlich mehr für die Verteidigung aufbringen, wiederholte Trump ein Dauerthema seiner ersten Amtszeit. Damit stellt sich aber auch weiter die Frage der amerikanischen Verlässlichkeit im Bündnisfall.
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