Gibt es jetzt die Chance auf Frieden?

von Redaktion

Die Wunden des Krieges: Die nordöstliche Frontstadt Wowtschansk während des schweren Bombardements durch russische Streitkräfte am 28. Mai 2024. © dpa

München – Während die Welt nach Washington blickt, tobt in der Ukraine weiter der Krieg. Christoph Heusgen, der scheidende Chef der Münchner Sicherheitskonferenz (14.-16. Februar), warnt auch vor der russischen Bedrohung über den Ukraine-Krieg hinaus und fordert mehr Ehrlichkeit der Parteien im Wahlkampf über die notwendige Erhöhung der Verteidigungsausgaben.

Auch wegen Donald Trump kommt scheinbar Bewegung in den Ukraine-Krieg. Gibt es eine Chance auf einen dauerhaften Waffenstillstand?

Wir hoffen alle inständig, dass es zu einem Ende des Leidens der Menschen kommt, die jeden Tag dem unsinnigen barbarischen Angriffskrieg Russlands zum Opfer fallen. Ich sehe in der Tat eine Chance im Amtsantritt Trumps, der innerhalb kürzester Zeit eine Lösung angekündigt hat. Aber gegenüber Putin muss man aus einer Position der Stärke operieren. Auch bei möglichen Verhandlungen muss klar sein: Putin darf sich nicht eingeladen fühlen, jederzeit wieder einen neuen Krieg anzufangen.

Trump macht „Deals“ – aber hat Putin ein Interesse daran, darauf einzugehen, oder will er die alten Grenzen der Sowjetunion wiederherstellen?

Das sagt Putin ja selbst öffentlich. Der Zerfall der Sowjetunion war für ihn die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts und er will zurück zu den ehemaligen Grenzen der Sowjetunion und des Zarenreiches. Wir sollten ihn beim Wort nehmen. Die Phase unter Gorbatschow und Jelzin, als man Russland trauen konnte, ist endgültig zu Ende. Es geht Putin nicht um Kooperation, sondern um Konfrontation.

Also müssen wir uns auf weitere Angriffe einstellen?

Wir sehen das aggressive Handeln Russlands nicht nur gegenüber der Ukraine. Wir erleben beinahe jeden Tag Beispiele der hybriden Kriegsführung gegen uns. Europa muss sich umstellen und die von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte Zeitenwende tatsächlich umsetzen. Wir müssen zurück zur Abschreckungslogik des Kalten Krieges, wo es uns dank einer starken, überzeugenden Abschreckung gelungen ist, Frieden für unseren Kontinent zu erhalten. Das heißt auch, wir müssen mehr Geld für Verteidigung ausgeben.

Wie viel mehr?

Zwei Prozent sind die Untergrenze. Deutschland hat diese Untergrenze nun erstmals unter Kanzler Scholz erreicht. Wir müssen zu einer gerechten Lastenverteilung gelangen, das kann jeder amerikanische Präsident von uns fordern. Aktuell verfügen wir über das Sondervermögen, das vieles auffängt, aber es läuft 2028 aus. Deutschland muss sich der Diskussion stellen, wie wir künftig auch im normalen Haushalt diese zwei Prozent, also rund 30 Milliarden Euro zusätzlich, dauerhaft aufbringen können. Natürlich ist das eine schwierige Diskussion für eine Demokratie. Gerade bei einer stagnierenden Wirtschaft, weil man woanders kürzen oder Steuern erhöhen muss. Aber wir können dem nicht länger aus dem Weg gehen, auch wenn es unangenehm wird.

Sind die Parteien im Wahlkampf ausreichend ehrlich, was das bedeutet?

Die Aggressivität Russlands muss den Menschen in Deutschland auch im Wahlkampf klargemacht werden. Es wird immer noch suggeriert, dass man durch eine Politik der Zurückhaltung reagieren kann. Damit wird den Bürgern Sand ins Auge gestreut.

Letztes Jahr war J.D. Vance Gast bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Ist er dieses Jahr als Vize-Präsident wieder dabei?

Wir haben in diesem Jahr wieder die neue Administration und den neuen Kongress eingeladen. Ich habe die berechtigte Hoffnung, dass beide Institutionen hochrangig vertreten sein werden, aber ich bitte um Verständnis, dass ich noch keine Namen nennen kann.

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