KOMMENTAR

Der Rechtsstaat muss immer gelten

von Redaktion

Debatte um Fall Gelbhaar

Lange, viel zu lange haben Männer ihre Machtposition gegenüber Frauen – auch sexuell – ausgenutzt. Lange, viel zu lange schwiegen die Opfer aus Angst. Und wenn sie etwas sagten, wurde ihnen nicht geglaubt. Oder sie wurden wie Monica Lewinsky gar verhöhnt. Glücklicherweise hat sich das geändert. Der Umgang in Unternehmen, in Vereinen und in der Politik ist heute meist ein völlig anderer als vor 15 Jahren. Ein Verdienst des Feminismus!

Der Fall Gelbhaar bei den Grünen bringt dieses positive Urteil an seine Grenzen. Niemand sollte sich anmaßen, die Vorgänge aus der Ferne zu beurteilen. Aber die Fragezeichen sind groß: Wie kommt man darauf, eine Person als angebliches Opfer zu erfinden? Wie kann diese nicht existente Person eine eidesstattliche Erklärung abgeben? Wie können Journalisten das einfach glauben? Stefan Gelbhaar weist alle Vorwürfe zurück, sieben andere (offenbar existierende Personen) erhalten ihre aber aufrecht. Die Karriere des Abgeordneten ist so oder so schon am Ende.

Vor diesem Hintergrund verstören die Aussagen der Chefin der Grünen Jugend, die Unschuldsvermutung gelte vor Gericht, nicht aber in Organisationen. 2023 verzweifelte schon eine Aufklärungskommission der Bayern-SPD, weil sich Anklägerinnen gegen einen Abgeordneten nicht zu erkennen gaben und auch die Art des angeblichen Vergehens unklar blieb. Wer da noch die Unschuldsvermutung aufhebt, verabschiedet sich aus dem Rechtsstaat.

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