Dass René Benko in seiner Protzvilla in Igls bis gestern das Bergpanorama rund um Innsbruck genießen konnte, war sicher vielen ein Dorn im Auge. Die Alte Akademie, das Kaut-Bullinger, die riesigen Kaufhäuser an Hauptbahnhof und Stachus: Der Immobilienspekulant und Signa-Gründer hat eine Schneise der Verwüstung und Verödung in der Münchner Innenstadt hinterlassen – und in vielen anderen Stadtzentren. Dazu kommen die Jobs, die Benko auf dem Gewissen hat. Ex-Mitarbeiter der ausgepressten Signa-Töchter wie Galeria oder Kika/Leiner können ein Lied davon singen. Großes Mitleid darf Benko von ihnen wohl nicht erwarten.
Doch es sind nicht Größenwahn, Fehlgriffe oder skrupelloser Ellenbogen-Kapitalismus, die den Unternehmer nun vor den Haftrichter bringen. Es sind Filz, Korruption und kriminelle Energie, so zumindest der Vorwurf. Benko soll die Signa-Insolvenz verschleppt, Corona-Hilfen erschlichen, Politiker und Kronzeugen bestochen, Firmenvermögen nach der Pleite in Privatstiftungen verschoben und Investoren betrogen haben. Und das ist nur ein Auszug der langen Listen, welche die Staatsanwaltschaften in Österreich, Deutschland und Italien erstellt haben. Dass die österreichischen und italienischen Ermittler offenbar deutlich schneller sind als in Deutschland, sollte den Behörden hier Beine machen. Immerhin gehörten München, Berlin und Hamburg zu Benkos größten Betätigungsfeldern.
Na klar, auch Benko hat einen fairen Prozess verdient und dessen Ausgang ist offen. Möglicherweise ersparen ihm die Behörden die Untersuchungshaft auch. Dass der einstige „Wunderwuzzi“ sich aber verantworten muss, ist ein gutes Zeichen für den Rechtstaat, der sich oft den Vorwurf gefallen lassen muss, dass er die Kleinen hängt und die Großen verschont – siehe Trump in den USA oder Cum-Ex in Deutschland. Will sich der Staat das Vertrauen seiner Bürger bewahren, darf es keine Sonderbehandlungen geben. Trotz Geld, bester Kontakte und Verstrickungen bis in die obersten Zirkel der Macht.
ANDREAS.HOESS@OVB.NET