Ariel Bibas – offenbar von der Hamas ermordet. Der Bub und seine israelisch-deutsche Familie sind wohl auf der Liste. © dpa
Tel Aviv/Gaza – Jubel in Gaza, Verzweiflung bei den Angehörigen der verschleppten israelischen Geiseln: Unterschiedlicher könnten die Berichte aus der Krisenregion an diesem Tag kaum sein. Während vertriebene Palästinenser zu Zehntausenden in den Gazastreifen zurückkehren, meldet die Terrororganisation Hamas, dass viele der zum Austausch vorgesehenen Geiseln nicht mehr am Leben seien. Darunter ist laut israelischen Journalisten die deutsch-israelische Familie Bibas, Mama Shiri und die Kinder Ariel (5) und Kfir (2). Ihr Tod ist noch nicht offiziell bestätigt – tapfere Angehörige gaben am Abend die Hoffnung noch nicht auf –, war aber seit Wochen befürchtet worden.
Ob sie an den Verletzungen beim Hamas-Angriff vom 7. Oktober starben oder von der Hamas in unterirdischen Verliesen zu Tode gequält und vergewaltigt wurden, ist noch nicht klar. Die israelische Seite spricht von „Tötung“. Insgesamt standen 33 Namen auf der Geisel-Liste für die erste Phase der Waffenruhe-Vereinbarung mit Israel. 25 von ihnen seien noch am Leben, teilte ein Mitglied der Islamistenorganisation der Deutschen Presse-Agentur mit. In der Vergangenheit hatte die Hamas oft behauptet, durch israelische Bombardements seien Geiseln ums Leben gekommen.
Die Familien wurden über den Zustand ihrer verschleppten Angehörigen informiert. Sieben der 33 Geiseln sind an den vergangenen beiden Wochenenden bereits freigelassen worden. Im Austausch für die 33 Geiseln sollen insgesamt 1904 schwerkriminelle palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden – lebend.
Die nächsten drei Geiseln sollen israelischen Angaben zufolge am Donnerstag freikommen. Darunter ist eine Zivilistin, die auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die Freilassung dreier weiterer Geiseln ist für Samstag vorgesehen. Insgesamt werden noch 90 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Die meisten von ihnen sollen in einer zweiten Phase des Gaza-Abkommens freikommen, falls sie das Martyrium überleben. Über die Details dazu müssen beide Konfliktparteien aber erst noch verhandeln – Einigung offen.
Die israelische Armee berichtete, dass die freigelassenen Geiseln in gesundheitlich schwierigem Zustand seien, vor allem jene, die isoliert in Tunneln festgehalten wurden. „Ich glaube, keiner von uns kann verstehen, was sie mitgemacht haben“, sagte ein Armeesprecher. Er nannte keine weiteren Details zu Folter und Missbrauch. Erst kurz vor der Freilassung hätten die Geiseln mehr essen sowie duschen dürfen, damit die Welt von den Bildern der entlassenen Hamas-Opfer getäuscht würde.
Unterdessen haben zehntausende Bewohner des Gazastreifens wieder ihre Dörfer betreten. Sie äußerten sich trotz der Verwüstungen nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatorte im Norden überglücklich und entschlossen zum Wiederaufbau. „Endlich ist der Traum, auf den wir gewartet haben, wahr geworden. Wir kehren in unsere zerstörten Häuser und in die Gebiete zurück, aus denen wir vor 15 Monaten vertrieben wurden“, sagt Hassan al-Wadija der Deutschen Presse-Agentur.
Israel hatte die Rückkehr der Vertriebenen ab dem Morgen des Montag erlaubt. Hier spielte die geplante Freilassung der israelischen Geisel, die laut Berichten auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen soll, eine Rolle. Tausende Menschen hatten zum Teil tagelang auf der Südseite des vom israelischen Militär angelegten Sperrriegels Netzarim-Korridor ausgeharrt, der den Gazastreifen von West nach Ost in zwei Teile teilt.
DPA/AFP/MM