Wollen nicht wackeln: Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nach den Gremiensitzungen am Mittwoch. © Michael Kappeler/dpa
München/Berlin – Der eine holt sich in Berlin den Rückhalt seiner Parteispitze. Friedrich Merz kommt am Montagvormittag mit dem CDU-Präsidium zusammen, tritt danach vor die Presse. „Ich werde mit den Themen, die wir haben und die seit letzter Woche Mittwoch eine neue Dringlichkeit erfahren haben, in dieser Woche sehr konsequent durch den Bundestag gehen“, bestätigt er erneut den Kurs.
Der andere stellt sich in München voll dahinter. Das, was Merz als Fünf-Punkte-Plan zur Kurswende bei der Migrationspolitik formuliert hat, sei die „Grundlage für eine Regierungsbildung“, sagt CSU-Chef Markus Söder. Zurückweisungen an Deutschlands Grenzen, dauerhafte Grenzkontrollen. Aufstockung der Abschiebehaftplätze, unbefristeter Ausreisearrest für Straftäter und Gefährder, mehr Unterstützung der Länder durch den Bund bei Abschiebungen. Zweimal werde nun darüber abgestimmt. Einmal in dieser Woche im Bundestag – dann geht es um zwei Anträge und einen bereits im Parlament vorberatenen Gesetzesentwurf, vor allem aber um ein politisches Richtungssignal – und ein weiteres Mal bei der Bundestagswahl am 23. Februar.
„Schwarz-Grün ist tot“, sagt Söder mit Blick auf dieses Ereignis. Er sagt das schon länger, das galt bisher aber nur als reine CSU-Position. Inzwischen kann – aus heutiger Sicht – kaum jemand widersprechen. Während die Grünen Erleichterungen beim Familiennachzug in ihr Programm schreiben, steht die Union einig hinter Merz´ Fünf-Punkte-Plan – den die Grünen kaum mitgehen können. Mehr noch: Teil der Abstimmungen diese Woche im Bundestag soll das entscheidungsreife „Zustrombegrenzungsgesetz“ werden, hieß es am Abend aus der CSU. Sein zentraler Inhalt: Ein Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz wird ab sofort nicht mehr gewährt.
Hinter den Kulissen mag es in CDU und CSU hier und da Bedenken geben, öffentlich herrscht Disziplin. Das grausame Messer-Attentat von Aschaffenburg hat das Land aufgewühlt – aber die Unionsschwestern zusammengeschweißt. „Mit den Grünen geht gar nix“, wiederholt Söder. „Die anderen müssen sich nach uns richten.“
Besagte Grüne werfen Merz im Gegenzug eine „Friss oder stirb“-Taktik vor. „SPD und Grüne zu einer Zustimmung zu einem Paket zu erpressen, das mit Europarecht und der Verfassung nicht konform ist“, sei zynisch, schimpft Co-Chef Felix Banaszak. „Wir stehen nicht dafür zur Verfügung, das Recht auf Asyl infrage zu stellen.“ Und Kanzlerkandidat Robert Habeck sieht gar das Ende des Rechtsstaats drohen: „Man kann nicht sehenden Auges das Recht brechen, um danach das Recht zu ändern.“ Die anderen Parteien reagieren unterschiedlich. Während die FDP zustimmen will, setzt die SPD ihr eigenes Sicherheitspaket dagegen.
Und dann ist da noch die AfD, die inhaltlich wohl dabei wäre, in den Unionsanträgen aber als Übel für Deutschland gebrandmarkt wird. „Wenn die AfD einem Antrag zustimmt, dass sie selbst das Problem ist, wäre es mal endlich offiziell“, feixt Söder. Er rechnet nicht damit.
Und wenn doch? Am Montagabend machen Meldungen die Runde, die AfD-Spitze habe genau das gegenüber Journalisten angekündigt. Dann ist es eben so, lauten die Kurzfassungen der Antworten von Merz und Söder. Für uns zählt jetzt die Sache, nichts anderes – so soll die gemeinsame Botschaft lauten. Die sogenannte Brandmauer nach rechts – „keine Koalition, keine Absprachen, keine politisch gestaltende Mehrheit“ – bleibe natürlich, betont Söder, dem man bisher tatsächlich keinen Kuschel-Kurs mit der blauen Partei vorwerfen kann. „Die AfD ist nicht die NSDAP, aber es gibt welche in der Partei, die träumen davon“, teilt er auch am Montag aus und bezeichnet sich als „persönliches Bollwerk“ dagegen.
Merz sieht die Brandmauer-Frage ohnehin anders gelagert. Bei den Abstimmungen, womöglich schon am Mittwoch, „liegt es an der SPD, an den Grünen und an der FDP, zu verhindern, dass es Mehrheiten gibt, die keiner von uns will“, sagt der Unionskanzlerkandidat.