Ja, sie sind sehr aufgeregt über Friedrich Merz in der SPD. General Matthias Miersch wirft dem CDU-Chef vor, die demokratische Mitte zu spalten. Parteichefin Saskia Esken findet, Merz beweise, dem Amt des Bundeskanzlers nicht gewachsen zu sein. Und der aktuelle Amtsinhaber Olaf Scholz meint sogar, der 2017 verstorbene „Helmut Kohl wäre nicht zufrieden mit dem CDU-Vorsitzenden“. Das ist ein sehr hypothetischer Ansatz. Klar belegt sind dagegen die Umfragen, dass zuletzt mehr als 60 Prozent der Deutschen mit der Arbeit von Scholz nicht zufrieden waren.
Ja, Merz hat sich mit seinem Vorgehen angreifbar gemacht. Aber die SPD und ihre in Teilen sehr linke Bundestagsfraktion übersehen bei ihrer empörten Reaktion die Stimmungslage in der eigenen Wählerschaft. Schon bei der Europawahl im Juni verloren die Genossen laut Infratest mehr als 1,4 Millionen Wähler an die Union, aber auch massiv Stimmen an AfD (590000) und BSW (550000), das sich ebenfalls für einen härteren Kurs in Migrationsfragen ausspricht. Und ganz aktuell unterstützen laut einer Insa-Umfrage 56 Prozent der SPD-Wähler den Plan des CDU-Kandidaten. Unter allen Wählern hat Merz sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit hinter sich.
Es scheint, als habe sich die Berliner Politblase, die aktuell vor allem parteipolitisch und juristisch diskutiert, weit von der Bevölkerung entfernt, die vor allem die Überforderung mit der großen Zahl an Migranten umtreibt. Oft geht es dabei um das Sicherheitsgefühl, aber auch ganz pragmatische Fragen wie die Konkurrenz um billigen Wohnraum, die in deutschen Städten weiter zunimmt. Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden kamen im vergangenen Jahr zu dem Schluss, in Sachsen und Thüringen habe sich die AfD fest als „Arbeiterpartei“ etabliert. Obwohl ihr Programm gar nicht arbeiterfreundlich ist!
Es gibt Stimmen in der SPD – von Sigmar Gabriel bis Christian Ude –, die schon länger auf das Migrations-Problem der Genossen hinweisen. Olaf Scholz schien das zu verstehen, als er im Oktober 2023 markige Ankündigungen machte. Passiert ist zu wenig. Dem eigenen Führungsanspruch wurde der Bundeskanzler nie gerecht. Den übernimmt nun ausgerechnet Friedrich Merz.
Vielleicht ist die Aufregung in der SPD auch deshalb so groß.
MIKE.SCHIER@OVB.NET