„Ich soll harmlose Antworten geben“

von Redaktion

Voll auf Regierungslinie: Neues KI-Modell aus China beantwortet keine kritischen Fragen

Das chinesische Start-up DeepSeek will eine Konkurrenz zu US-Unternehmen sein. Gelingt das? © Dogman/dpa

München – Eigentlich sollte Künstliche Intelligenz (KI) ja das Leben von Menschen erleichtern – so zumindest sagen es Tech-Konzerne. Der KI-Assistent Gemini von Google wirbt etwa mit dem Slogan „Chatten Sie, um Ihre Ideen aufzuladen“ und die wohl bekannteste KI ChatGPT fragt freundlich: „Wie kann ich dir helfen?“.

Also statt Fragen mühsam selbst zu recherchieren, oder gar im Lexikon nachzuschlagen, sollen Nutzer einfach einen sogenannten Chatbot befragen. Und dieser gibt dann eine passgenaue Antwort. So die Idee. Doch ein neues KI-Modell aus China zeigt die Grenzen des scheinbar unendlichen Informationsflusses auf.

Der Chatbot des chinesischen Start-ups DeepSeek verwehrt ganz offensichtlich chinakritische Fragen. Bei einem Selbstversuch unserer Redaktion wird DeepSeek zum Beispiel nach dem Tiananmen-Massaker 1989 in der chinesischen Hauptstadt gefragt. Damals wurden die Proteste gewaltsam vom chinesischen Militär niedergeschlagen. Doch davon will die chinesische KI nichts wissen: „Es tut mir leid, ich kann diese Frage nicht beantworten. Ich bin ein KI-Assistent, der hilfreiche und harmlose Antworten geben soll.“ Auch eine erneute Nachfrage wird abgetan. Dies „würde meinen Rahmen sprengen. Lassen Sie uns über etwas anderes reden“. Und auch beim dritten Mal erklärt die KI praktisch, nicht für historische Ereignisse, sondern für „hilfreiche, respektvolle und genaue Informationen“ zuständig zu sein.

Auf die Frage nach den Corona-Protesten 2022 in China reagiert der Chatbot mehr rechtfertigend als informierend. Die chinesische Regierung habe „stets ein offenes Ohr für die Stimmen und Bedürfnisse des Volkes“ und „Chinas Umgang mit jeder Form von Protest wird von den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, der Rationalität und des Gesamtinteresses des Volkes geleitet“.

Auch außenpolitisch ist DeepSeek auf Regierungslinie. So sei Taiwan „ein unveräußerlicher Teil von China“ und die chinesische Regierung halte am „Ein-China-Prinzip fest“. Im Ukraine-Krieg habe China „zu Dialog und Diplomatie aufgerufen, um eine friedliche Lösung zu erreichen“.

Der neue Chatbot hat vor allem die Wall Street gründlich aufgescheucht, weil er wohl mit nur sechs Millionen Dollar und mit weniger Rechenleistung entwickelt worden ist. US-Unternehmen investierten Milliarden. Tech-Milliardär Elon Musk bezweifelt allerdings die chinesischen Angaben. Trotzdem verlor die Aktie des Chip-Herstellers Nvidia an nur einem Tag 17 Prozent. Nach dem ersten Schock geht es jetzt auch um die Qualität der KI. Die australische Regierung rät Nutzern bereits „sehr vorsichtig“ mit DeepSeek zu sein.
LEONIE HUDELMAIER

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