Die Deutschen und ihre Bundeswehr – das ist eine zwiespältige Beziehung. Jahrzehntelang gingen junge Männer zum Bund, ohne dass ein Kriegseinsatz realistisch war. Viele verweigerten allein deshalb, weil sie im Zivildienst ihre Monate sinnvoller verbringen wollten. Später schaffte ausgerechnet ein CSU-Minister die Wehrpflicht ganz ab. Seither mangelt es der Truppe an Personal: Bis zur Zielgröße von 203 000 Soldaten fehlten 20 000 Männer und Frauen.
Doch die Lage hat sich mit der Bedrohung aus dem Osten und der neuen Ausrichtung der USA, die als Schutzmacht wegzubrechen drohen, fundamental geändert. Während der Bundestag darüber diskutiert, ob man zwei, drei oder fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Aufrüstung pumpen soll, bleibt Werbung für Personal ein Tabuthema. Die Stadt Zwickau hat ein Werbeverbot für die Bundeswehr erlassen und feiert sich als „Stadt des Friedens“. Auch in München regt sich Unmut. So, als sollten sich Menschen, die das Land im Kriegsfall verteidigen, dafür schämen.
Klar, dass die Linke als SED-Nach-Nachfolgepartei und die Russlandfreunde des BSW das anders sehen. Aber in der Mitte der Gesellschaft muss es einen realistischeren, ehrlicheren Umgang mit dem Thema geben. Deutschland braucht junge Menschen, die es verteidigen. Aber nicht solche, die die Bundeswehr mit einem Echtzeit-Videospiel verwechseln. Deshalb sollte die Werbung den 17-Jährigen das auch nicht suggerieren. Doch Verbote sind falsch. Gerade in Schulen kann man einen differenzierten Blick vermitteln.
MIKE.SCHIER@OVB.NET