Spannung vor dem Kanzler-Duell

von Redaktion

Olaf Scholz bei einem TV-Duell, hier im Jahr 2021: Er muss angreifen, liegt in Umfragen deutlich hinten. © Michael Kappeler/dpa

Berlin – Es ist wie verhext für Bundeskanzler Olaf Scholz und die SPD in dieser heißen Phase des Wahlkampfs. Es kann passieren, was will, aber die Sozialdemokraten kommen in den Umfragen einfach nicht vom Fleck. Selbst die Verabschiedung des Migrationskonzepts der Union mit den Stimmen der AfD – aus Sicht der SPD ein historischer Tabubruch – hat nicht die ersehnte Wende gebracht. Die SPD hängt weiter bei 15 bis 18 Prozent fest, etwas mehr als halb so viel wie die Union. Was kann Scholz zwei Wochen vor der Wahl noch helfen? Vielleicht die Serie von Fernsehdebatten, die am Sonntag mit einem Duell zwischen Scholz und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz bei ARD und ZDF beginnt?

Die Ausgangslage: Das erste Aufeinandertreffen der beiden aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten findet vor dem Hintergrund des Streits um den Umgang mit der AfD statt. Man erinnert sich an das Bundestagsplenum und die Debatte, die von Begriffen wie „Schande“, „Sündenfall“ und „Tor zur Hölle“ geprägt war. In den Umfragen hat sich das aber zunächst nicht niedergeschlagen. Im ARD-Deutschlandtrend legte die Union um einen Prozentpunkt auf 31 Prozent zu. Die SPD blieb dagegen bei 15 Prozent stabil

Die Strategie: Scholz hat nichts mehr zu verlieren, er wird angreifen müssen. Die SPD hat den Wahlkampf von Anfang an als ein Duell zwischen Kanzler und Oppositionsführer verstanden. Gerade nach der vergangenen Woche stellt sie Merz als jemanden dar, dem man nicht über den Weg trauen könne. Merz geht aber mit der Rückendeckung des CDU- und CSU-Parteitags und dem Gefühl, alles richtig gemacht zu haben, in die Auseinandersetzung. Er habe gezeigt, dass die Union es ernst meint mit der Bekämpfung der irregulären Einwanderung, so seine Sicht.

Die Themen: Es wird in dem Duell um viel mehr gehen als die beiden derzeit im Wahlkampf dominierenden Themen Migration und Umgang mit der AfD. Die Ankurbelung der kriselnden Wirtschaft stand zum Beispiel mal ganz oben auf der Agenda. Auch die Steuerkonzepte und der Ukraine-Krieg dürften interessieren.

Die Moderation: Zwei Talkshow-Urgesteine sollen dafür sorgen, dass die Themenmischung stimmt: die Moderatorinnen Sandra Maischberger und Maybrit Illner, für die es nicht das erste Kandidaten-Duell vor einer Wahl ist. Der Schlagabtausch wird zeitgleich live ab 20.15 Uhr – zur klassischen „Tatort“-Zeit am Sonntagabend – im Ersten und im ZDF ausgestrahlt.

Die Regeln: Die vielleicht interessanteste Regel: Es werden keine Zeitkonten eingeblendet. „Die Redezeit wird in der Regie gemessen. Bei größeren Ungleichgewichten in der Redezeit wird dies von den Moderatorinnen thematisiert.“ Und: Es wird kein Schlussstatement der beiden Kandidaten, die an Pulten stehen werden, geben.

Die Wirkung: Experten messen TV-Duellen im Wahlkampf eine wichtige Bedeutung bei. Forsa-Chef Manfred Güllner sieht dieses Mal zugleich eine Besonderheit: „Bei dieser Wahl hat die Inflation von Kanzlerkandidaten zur Entwertung dieses Begriffs geführt und dürfte insofern auch die Bedeutung der Diskussionen zwischen den Kandidaten relativieren.“ Angesichts der „herrschenden Ratlosigkeit vieler Wahlberechtigter“ könnten sie dennoch Einfluss auf die Wahlentscheidung haben.

Aus Sicht von Marcus Maurer, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, sind TV-Duelle im Wahlkampf immer noch wichtig, „weil sie den Zuschauern einen direkten, ungefilterten Eindruck von den Kandidaten vermitteln.“ Die Bedeutung habe aber wegen der hohen Frequenz von Sendungen in ähnlichen Konstellationen „wahrscheinlich eher etwas abgenommen“.

Fortsetzung folgt : In den nächsten zwei Wochen werden die Kanzler- und Spitzenkandidaten in zahlreichen weiteren Fernsehdebatten aufeinandertreffen. Zu einem Novum kommt es nächsten Sonntag: Dann werden Scholz und Merz bei den Privatsendern RTL und ntv in einer Viererrunde auf Robert Habeck (Grüne) und Alice Weidel (AfD) treffen. Ursprünglich hatte auch RTL noch ein Duell Scholz-Merz geplant.

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