Jetzt oder nie: Die FDP von Christian Lindner kämpft mit der Fünf-Prozent-Hürde. Von der Union ist keine Unterstützung zu erwarten. © Kappeler/dpa
Potsdam – Jetzt geht es um alles: Die Liberalen stemmen sich als „Bollwerk gegen Schwarz-Grün“ einem drohenden Scheitern bei der Bundestagswahl in zwei Wochen entgegen. Bei einem außerordentlichen Parteitag in Potsdam forderte der Bundesvorsitzende Christian Lindner eine Politik, die Wirtschaftswachstum in den Mittelpunkt stellt und die Migration in geordnete Bahnen lenkt, auch durch eine verschärfte Kontrolle der Zuwanderung.
„Die AfD macht man nicht klein mit Lichterketten. Die AfD macht man klein, indem man die Probleme klein macht, die diese Partei einst groß gemacht haben“, sagte Lindner, der mit seiner Rede mehrfach Jubel auslöste und zum Schluss etwa vier Minuten lang beklatscht wurde.
Die FDP kämpft um den Wiedereinzug in den Bundestag. In den Meinungsumfragen liegt sie seit Wochen bei vier Prozent. Damit würde sie wie schon 2013 aus dem Parlament fliegen. Unklar ist, ob und wie es für die Partei nach einem solchen neuerlichen Scheitern weitergehen könnte.
Lindner sagte, die Wirtschaftswende habe für die Liberalen Priorität. „Es ist eine Zeit gekommen, in der gelten muss: economy first.“ Eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik sei in der Ampel nicht zu machen gewesen. Deswegen sei die FDP ausgestiegen. „Wir hatten keine andere Wahl.“
Der FDP-Vorsitzende griff scharf die Grünen an. „Robert Habeck ist die größte Wachstumsbremse in unserem Land“, sagte Lindner über den Bundeswirtschaftsminister. „Bei Robert Habeck wächst nur der Frust und nicht die Wirtschaft.“ Der frühere Ampel-Finanzminister erteilte einer neuen Zusammenarbeit eine klare Absage: „Nach der nächsten Bundestagswahl werden die Freien Demokraten keine Regierung gemeinsam mit den Grünen bilden.“
Deutschland brauche auch eine andere Einwanderungspolitik, betonte Lindner. „Wir haben es viel zu lange denen schwer gemacht zu kommen, die wir dringend im Arbeitsmarkt brauchen. Und wir haben es viel zu lange denen leicht gemacht zu bleiben, die nur irregulär in unseren Sozialstaat eingewandert sind. Und umgekehrt ist besser.“ Der Parteitag beschloss einen Wahlaufruf mit diesen und anderen Kernforderungen der FDP für die Wahl.
Lindner erklärte die Bundestagswahl zur Richtungsentscheidung über das nächste Kabinett. Es gehe nicht darum, ob Olaf Scholz (SPD), Unionskandidat Friedrich Merz (CDU) oder gar Habeck Kanzler werde. „Die entscheidende Frage ist nicht mehr die Kanzlerschaft. Die entscheidende Frage ist Wachstum oder Stagnation. Die entscheidende Frage ist Freiheit oder Staat. Die entscheidende Frage ist Lindner oder Habeck im Kabinett. Das ist die entscheidende Frage dieses Wahlkampfs.“
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki richtete sich dagegen direkt an die Sympathisanten der Union: „Die dringend notwendige Wende in der Wirtschaftspolitik und in der Migrationspolitik wird es nur mit den Freien Demokraten geben“, sagte er. „Deshalb rufe ich alle unionsgeneigten Wähler auf: Wählen Sie am Wahlsonntag die FDP. Wir sind das Bollwerk gegen Schwarz-Grün.“
Kubicki wies darauf hin, dass viele Wahlberechtigte noch unentschlossen seien. „Die können alles ändern. Und ich sage euch: Am Wahlabend werden sich einige noch wundern.“
Lindner attackierte auch CDU-Chef Merz, der Habeck für seine in der eigenen Partei umstrittenen asylpolitischen Vorschläge gelobt habe. „Das zeigt eines: Friedrich Merz, er will Kanzler werden. Aber er ist auch bereit, dafür einen Politikwechsel in Deutschland zu opfern. Wir nicht.“
Auch mit der CSU wird der Ton ruppiger. „Markus Söder warnt vor Leihstimmen an die FDP: Welche Leihstimmen hat die CSU denn, über die sie verfügen kann, wie die verteilt werden?“, fragte Lindner. „Markus Söder hat genau zwei Stimmen, seine eigenen. Die muss er uns nicht leihen, die kann er behalten.“