Der prominenteste Siko-Gast ist wohl US-Vizepräsident J.D. Vance. Spannender aber könnte ein anderer Gesandter aus Washington sein. © Ian Langsdon/AFP
München – Vielleicht spielt der neue US-Vizepräsident am Ende nur die zweite Geige. J.D. Vance wird am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz sein und eine (vermutlich unbequeme) Rede halten. Fast spannender ist aber ein anderer Gast aus Washington: Keith Kellogg, der Mann, der den Weg zum Frieden in der Ukraine ebnen soll. Siko-Chef Christoph Heusgen setzt Hoffnung in den Besuch. Kelloggs Zusage, sagt er gestern, sei ein „Indiz“ dafür, dass in München die „Konturen eines Friedensplans“ für die Ukraine entwickelt würden.
Heusgen formuliert bewusst vorsichtig, wohl auch, um ein Gerücht einzufangen, das sich seit Tagen hält. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte vergangene Woche berichtet, Kellogg wolle in Bayern Donald Trumps Plan zur Beendigung des Krieges vorstellen. Der US-Sondergesandte selbst stellte kurz darauf klar, das werde nicht passieren. In München erwarte er „großartige Diskussionen“, sagte er im Sender „Newsmax“. Einen Plan vorzustellen, sei aber allein Sache des Präsidenten.
Bei der Siko könnten stattdessen erste Fäden zusammenlaufen. Kellogg trifft sich dieser Tage vermehrt mit hochrangigen Politikern aus Europa, stets geht es um den Krieg und die Bedingungen für sein Ende. In den Hinterzimmern des Bayerischen Hofs wird er Gelegenheit haben, dutzende Minister, Staats- und Regierungschefs zu treffen; darunter sicher auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Bestätigt ist bislang ein Treffen zwischen Selenskyj und Vance am Freitag. Der Kreml ist nicht vertreten, zum vierten Mal in Folge. Solange Moskau die Regierung in Kiew nicht anerkenne, fehle die Basis für einen Dialog, sagt Heusgen.
Trump dürfte erwarten, dass sich in München dennoch etwas bewegt. Er selbst will schon mehrfach mit Kreml-Chef Wladimir Putin telefoniert haben. Das lässt einerseits hoffen – schürt andererseits aber auch Sorgen vor einem Frieden um jeden Preis. Medien hatten zuletzt berichtet, Trump wolle Putin gewichtige Zugeständnisse auf Kosten der Ukraine machen – die Rede war von Gebietsabtretungen und einem Verzicht auf die Nato-Mitgliedschaft. Bestätigt ist davon nichts. Die Bundesregierung stellte gestern noch mal klar, dass nichts an der Ukraine vorbei entschieden werde.
60 Staats- und Regierungschefs und mehr als 100 Minister werden ab Freitag in München erwartet. Neben der Ukraine wird es Heusgen zufolge auch um den Krieg in Gaza (zwangsläufig also auch um Trumps Umsiedelungs-Pläne für die Palästinenser) gehen. Auch die Kriege im Sudan und der Demokratischen Republik Kongo sind Schwerpunktthemen.
Unter den Gästen überraschen nur wenige. Eine Woche vor der Bundestagswahl drängelt die deutsche Polit-Prominenz natürlich nach vorne, allen voran Kanzler Scholz (SPD), Außenministerin Baerbock (Grüne) und Verteidigungsminister Pistorius (SPD). Aus Brüssel kommen unter anderem EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die Außenbeauftragte Kaja Kallas und der neue Verteidigungskommissar Andrius Kubilius. Spannend könnte der Vertreter der neuen syrischen Machthaber sein, Außenminister Assaad al-Schaibani. Auch prominente Vertreter der russischen Opposition werden erwartet. Chinas Außenminister Wang Yi, längst Stammgast, ist ebenfalls dabei.
Selten, sagt Heusgen, habe es eine „so spannende Ausgangslage“ für die Siko gegeben wie in diesem Jahr. Da ist was dran. Wegen der multiplen Krisen – und weil sich fundamentale Fragen stellen. Etwa die, ob die USA mit einem rumpelnden Präsidenten Trump überhaupt noch zentraler Orientierungspunkt sein können. Die Signale sind unterschiedlich. Während Trumps Vize Vance am Flughafen von Markus Söder empfangen wird – feierlich, vielleicht mit Lebkuchenherz – schwänzt Verteidigungsminister Pete Hegseth die Siko, obwohl er in Deutschland ist. Sein Job sei es, mit Soldaten zu sprechen, sagte er kürzlich, und nicht an „Cocktailpartys“ teilzunehmen. Gut möglich, dass er Wichtiges verpasst.