Straßburg, Brüssel – Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Russland wegen der systematischen Einschränkung der Meinungsfreiheit nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine verurteilt. Die Straßburger Richter stellten am Dienstag fest, dass die russische Gesetzgebung zur Kriminalisierung von Kritik am Krieg gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße.
Nach dem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 hatte Russland Gesetze erlassen, die es unter Strafe stellen, das Militär zu „diskreditieren“ oder „Falschinformationen“ über dessen Einsätze zu verbreiten. Daraufhin wurden 178 Personen strafrechtlich oder verwaltungsrechtlich verurteilt. Zudem wurden die unabhängigen Medien „Nowaja Gaseta“ und Doschd TV geschlossen.
Die Richter sehen darin eine Verletzung von Artikel 10 der Konvention, der Meinungsfreiheit garantiert. Sie stellten fest, dass die russischen Gerichte jegliche Berichterstattung unter Strafe gestellt hätten, die der offiziellen Darstellung widersprach. Selbst friedliche Proteste, die Verwendung des Wortes „Krieg“ statt „militärische Spezialoperation“ oder die Thematisierung mutmaßlicher Kriegsverbrechen seien sanktioniert worden.
Russland wurde am 16. September 2022 aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgeschlossen und erkennt seitdem weder die Zuständigkeit des Menschenrechtsgerichtshofs, noch seine Urteile an. Der Gerichtshof betrachtet sich weiterhin als zuständig für Beschwerden gegen Russland, die vor September 2022 erfolgten.