Koalitions-Gespräche gescheitert: FPÖ-Chef Herbert Kickl geht vorerst leer aus. © Fohringer/AFP
Wien – Kurz vor dem Einzug ins Kanzleramt ist FPÖ-Chef Herbert Kickl doch noch gescheitert. Kickl gab nach dem Platzen der Koalitionsgespräche mit der konservativen ÖVP am Mittwoch den Auftrag zur Bildung einer Regierung zurück. „Obwohl wir in den (…) Gesprächen der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sind, waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt“, hieß es einer Erklärung an den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen.
Die Entwicklung verhindert vorerst, dass erstmals ein Rechtspopulist österreichischer Regierungschef wird. In den vergangenen Tagen war immer deutlicher zutage getreten, dass dem angepeilten Bündnis das zwingend nötige Vertrauensverhältnis für eine Regierung fehlte.
Insgesamt war in den rund vierwöchigen Gesprächen vor allem klar geworden, dass beide Parteien eine andere Weltsicht haben. Während die ÖVP auf die internationale Einbindung der kleinen Alpenrepublik setzt, hatte die FPÖ immer wieder ihren Slogan von der „Festung Österreich“ propagiert. Hinzukommen unterschiedliche außen- und sicherheitspolitische Einstellungen.
Und Kickl hat in den Koalitionsgesprächen möglicherweise nicht nur inhaltlich zu hoch gepokert, sondern ist auch an Charakterzügen gescheitert. Der FPÖ-Chef sei ein notorischer Besserwisser, sagt sein Biograf Gernot Bauer. „Es ist ihm ganz, ganz wichtig, Recht zu behalten.“
„Leider ist Herbert Kickl aus der Rolle des Oppositionspolitikers nicht ausreichend in die Rolle eines Regierungschefs gewechselt“, sagte ÖVP-Chef Christian Stocker am Mittwochabend. Nicht zuletzt das Bestehen der FPÖ auf dem Innenministerium, das auch für die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste verantwortlich ist, sei inakzeptabel gewesen, so Stocker.
Van der Bellen will sich die nächsten Tage mit den Parteienvertretern treffen, Kompromisse ausloten. Als Lösungen nennt er: Neuwahlen in einigen Monaten, eine neue Minderheitsregierung unter Duldung des Parlaments, oder eine Expertenregierung. Zudem schloss Van der Bellen nicht aus, dass sich Parteien doch noch einigen. So könnte ein neuer Versuch gestartet werden, eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos zu bilden.
Als Hauptaufgabe gilt es jetzt, ein Budget zu verabschieden. Es muss einen Sanierungspfad aufzeigen, denn dem tief in einer Wirtschaftskrise steckenden Österreich droht ansonsten ein EU-Defizitverfahren.
Die FPÖ fordert jetzt rasche Neuwahlen. Bei Neuwahlen könnte die FPÖ laut aktuellen Umfragen nun mit rund 34 Prozent rechnen. Bei der Parlamentswahl im Herbst 2024 waren es knapp 29 Prozent. Die SPÖ und die ÖVP kämen auf jeweils etwa 20 Prozent. Die liberalen Neos liegen laut Umfragen bei etwa zehn, die Grünen bei neun Prozent. Diese Umfragen könnten aber auf Sand gebaut sein. Denn viele Beobachter gehen davon aus, dass ÖVP und SPÖ ihr Spitzenpersonal in nächster Zeit auswechseln könnten.