Legen wir die Rassismus-Keule mal zur Seite. Was der Kanzler einem (dunkelhäutigen) Berliner CDU-Politiker zu sagen hatte, war auch so herabwürdigend genug. Er sei doch nur ein „Feigenblatt“ und der „Hofnarr“ der Merz-Partei, ging er den armen Mann, den Bekannte als freundlich und zugewandt beschreiben, auf einer Party an. Als die Geschichte aufflog, griff Olaf Scholz als Erstes nicht etwa zum Telefonhörer, um sich zu entschuldigen. Nein, er engagierte lieber einen Top-Medienanwalt, um gegen die Überbringer der Nachricht vorzugehen.
Ein Knaller im Wahlkampf? Eher nicht. Scholz war bei den meisten Bürgern schon vorher unten durch. Aber der politische Bankrott, den die regierenden Sozialdemokraten drei Jahre lang hingelegt haben, bei der Migration und in der Wirtschaftspolitik, erhält durch den Ausraster des Kanzlers nochmal eine weitere Facette. Sie ist ebenso unsympathisch wie entlarvend: Den Wahlkampf 2021 hatte Scholz als Kämpfer für mehr „Respekt“ gewonnen. Doch hat sich nie ein Kanzler im Amt so respektlos verhalten wie Scholz. Kein Respekt vor dem Grundgesetz – dessen Schuldenregel hat der Regierungschef mit so schamlosen Tricks auszuhebeln versucht, dass die Verfassungsrichter einschreiten mussten. Kein Respekt vor seinen Ampelpartnern – dem FDP-Chef Lindner sprach Scholz nach dem Ampelbruch kurzerhand die „sittliche Reife“ ab. Nicht mal Respekt vor seiner eigenen Partei – statt deren Wunsch nach einem anderen Kandidaten zu respektieren, setzte er seinen Willen, selbst nochmal anzutreten, eisern durch. Er hat damit die gesamte Parteispitze gedemütigt und die Hälfte ihrer Parlamentarier um ihre Mandate gebracht. Und, vor allem, auch kein Respekt vor den Wählern, die sich mit überwältigender Mehrheit eine andere Asylpolitik wünschten und vom Kanzler bis zum Attentat von München mit inszenierter Empörung (über die Merz-CDU) und Lichterketten gegen Rechts abgespeist wurden.
Wie ein taumelnder Boxer schlägt Scholz angesichts der nahenden Niederlage um sich. Dabei hatte er die Wähler doch stets vor den angeblich drohenden Ausrastern von Friedrich Merz gewarnt. Unwürdiger kann eine Kanzlerschaft kaum enden. Doch stürzt Scholz nicht allein. Rolf Mützenich, Saskia Esken und die anderen Wortführer der verpatzten Ära Scholz, sie alle haften für den Scherbenhaufen, vor dem die deutsche Sozialdemokratie heute steht. Verteidigungsminister Pistorius und – falls er das Debakel überlebt – Co-Parteichef Klingbeil stehen nach dem 23. Februar vor der gewaltigen Aufgabe, Deutschlands große linke Volkspartei neu aufzurichten.
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