Netanjahu als Vampir: Die Übergabe der Leichen wurde zur Propaganda-Aktion der Hamas. © EPA
Bianca M. (li.) und Uschi Glas (re.) demonstrieren für die Freilassung der Geiseln.
Am 7. Oktober 2023 entführte die Hamas Shiri (M.), Ariel (li.) und Kfir (re.) in den Gazastreifen.
Tel Aviv – Nach mehr als 500 Tagen des Wartens und Bangens scheint es nun traurige Gewissheit zu geben: Shiri Silberman-Bibas und ihre beiden Kinder, Ariel und Kfir, sind tot. Am Donnerstag übergab die radikalislamische Hamas die sterblichen Überreste von vier getöteten Geiseln an das Rote Kreuz. Ein forensisches Institut nahe Tel Aviv sollte die Identität eindeutig klären. Das Angehörigenforum „Hostages and Missing Families“ teilte jedoch bereits mit, dass es sich bei drei der Leichen um Shiri, Ariel und Kfir Bibas handele. Die deutsch-israelische Familie befand sich seit dem Überfall der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober 2023 in der Gewalt der Terroristen. Die vierte von der Hamas übergebene Leiche ist die des Journalisten Oded Lifshitz, der bei seiner Entführung in den Gazastreifen 83 Jahre alt war.
Jarden Bibas, den Vater von Ariel und Kfir, ließ die Hamas kürzlich frei. „Unglücklicherweise ist meine Familie nicht zu mir zurückgekehrt“, teilte er nach seiner Heimkehr mit. „Mein Licht ist immer noch dort (im Gazastreifen), und solange sie dort sind, ist hier alles düster.“ Zu den Nachrichten über den Tod seiner Familie äußerte er sich zunächst nicht.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach den Angehörigen von Shiri, Ariel und Kfir Bibas sein Mitgefühl aus. „Ich fühle mit allen, die mit dieser schrecklichen Gewissheit umgehen müssen“, erklärte er. Israels Staatspräsident Izchak Herzog rang nach Worten: „Unsere Herzen – die Herzen einer ganzen Nation – sind gebrochen.“
Was Shiri, Ariel und Kfir erleiden mussten, ist bisher nicht im Detail bekannt. Hamas-Angaben zufolge starben sie bereits im Herbst 2023 bei einem israelischen Luftangriff. Dies ließ sich nicht unabhängig bestätigen. Die Entführung der Bibas-Familie aus dem israelischen Kibbuz Nir Oz am 7. Oktober 2023 zeichneten die Hamas-Terroristen auf. Videoclips der verängstigen Mama Shiri und ihrer beiden rothaarigen Söhne gingen um die Welt. Kfir Bibas, der zum Zeitpunkt des Hamas-Überfalls erst neun Monate alt war, und sein damals vierjähriger Bruder Ariel wurden international zu Symbolen für die Grausamkeit der Islamisten.
Nun sind zwei kleine Kinder und ihre Mutter tot. Für Schauspielerin Uschi Glas, die sich seit mehr als einem Jahr bei „Run for their lives“ engagiert und mit der Gruppe regelmäßig für die Hamas-Geiseln in München auf die Straße geht, ist das „der Gipfel der Grausamkeit“. Sie finde keine Worte, um diese Tragödie zu beschreiben. Sie sei voller „Trauer und Fassungslosigkeit“, sagte sie unserer Zeitung.
Dieses Gefühl teilt Bianca M., die bei den „Run for their lives“-Märschen regelmäßig Fotos von Ariel und Kfir hochhielt. Erst Ende Januar organisierte sie eine Mahnwache für Kfirs zweiten Geburtstag. Biancas Vater stammt aus Israel, ihre Familie hat dort Freunde, die die Bibas-Familie persönlich kannten. Die Münchnerin ist besonders entsetzt über die „furchtbare Inszenierung“ bei der Übergabe der Leichen in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens: Die Terrororganisation nutzte diese als Gelegenheit für grauenvolle Propaganda. Die Terroristen hatten eine Bühne errichtet, jubelnde Schaulustige versammelten sich neben vermummten Islamisten in Uniformen zu lauter Musik.
Auf der Bühne wurden vier Särge aufgebahrt. Im Hintergrund war der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als Vampir abgebildet – eine Anspielung auf das antisemitische Motiv der „blutsaugenden“ Juden. Dazu Bilder der Geiseln. „Der Kriegsverbrecher Netanjahu und seine Nazi-Armee haben sie mit Raketen zionistischer Kampfjets getötet“, stand daneben. In Israel sprach man von einem „Theater des Terrors“.