Was kommt nach der Wahl?

von Redaktion

Wo geht es hin? Unions-Kandidat Friedrich Merz hat derzeit die besten Aussichten auf die nächste Kanzlerschaft – doch er wird zum Regieren Partner brauchen. © Michael Kappeler/dpa

München/Berlin – Kommender Sonntag, 18 Uhr: Wenn offiziell die ersten Ergebnisse verkündet werden, haben die Parteispitzen schon eine Ahnung, wo die Reise hingehen könnte. Mithilfe sogenannter Nachwahlbefragungen haben sie sich oft schon am Nachmittag ein ungefähres Bild machen können, erste Absprachen sind getroffen. Doch vieles dürfte noch unklar sein. Wer ist drin, wer draußen, wer kann mit wem eine Regierung bilden? Wirkliche Klarheit herrscht wohl erst am späteren Abend.

Der Montag ist dann der Tag der Parteigremien. Die Wahl wird aufgearbeitet, das Ergebnis analysiert, Konsequenzen werden eingeleitet. Wird Lars Klingbeil oder Boris Pistorius der kommende starke Mann in der SPD? Wer führt die Grünen in Berlin? Wie stellt sich die FDP auf? Am Montag könnte es darauf erste Antworten geben. Voraussichtlich schon am Dienstag kommen dann die Fraktionen zusammen. Vorläufige Fraktionschefs und Parlamentarische Geschäftsführer werden gewählt.

Damit ist das Feld bestellt für die ersten Schritte zu einer Regierungsbildung. Zunächst wird sondiert. Für die Union ist bereits bekannt geworden, dass neben Friedrich Merz (CDU), Carsten Linnemann (CDU) und Thorsten Frei (CDU) auch Markus Söder (CSU), Alexander Dobrindt (CSU) und Martin Huber (CSU) die Vorgespräche führen sollen. Ziemlich wahrscheinlich ist aus heutiger Sicht, dass Union und SPD Gemeinsamkeiten suchen. Während CDU-Chef Merz auch Gespräche mit den Grünen nicht ausschließt, hat CSU-Chef Söder diese Möglichkeit bisher scharf verneint. Je nach Wahlausgang könnten auch weitere Parteien ins Spiel kommen.

Können sich drei (CDU und CSU sind bereits zwei Parteien) oder mehr Partner auf grundsätzliche Voraussetzungen einigen, ist der Weg frei für Koalitionsverhandlungen. Dann geht es in breiter aufgestellten Verhandlungsteams in konkrete Gespräche über ein Regierungsprogramm. Merz und die CSU haben zwar vereinbart: kleine Teams, konkrete Arbeitsaufträge, ein dünner Koalitionsvertrag. Doch Verteidigung, Migration, Rente, Wirtschaftsfragen – alles wird durchgekaut. Eine Einigung ist keine Selbstverständlichkeit. 2017 scheiterten die Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP nach längeren Gesprächen. Erst 171 Tage nach der Wahl übernahm schließlich eine Große Koalition Union/SPD die Regierungsgeschäfte.

Diesmal soll es – auch angesichts enormer Herausforderungen – nicht so lange dauern. Bis Ostern will Merz eine neue Regierung gebildet haben. Sollte die SPD allerdings wie 2013 und 2018 auf eine vorherige Mitgliederbefragung bestehen, wie Stimmen aus der Partei bereits fordern, wird der Zeitplan eng. Mit etwa acht Wochen läge die von Merz angepeilte Geschwindigkeit im historischen Vergleich seit 1990 ohnehin nur im Mittelfeld. Dass es auch schneller geht, zeigen die Verhandlungen von 1994 (Schwarz-Gelb), 1998 und 2002 (beide Rot-Grün), die jeweils nur einen Monat gedauert haben.

Klar ist unabhängig davon: Das Parlament muss dem Grundgesetz nach spätestens am 30. Tag nach der Wahl zusammentreten – das wäre der 25. März. Die Sitzungen leitet zunächst der Alterspräsident oder die Alterspräsidentin mit der längsten Bundestagszugehörigkeit. Mit der konstituierenden Sitzung des Parlaments endet auch die Amtszeit der bisherigen Regierung. Gibt es allerdings (wie bisher immer) dann noch keine Nachfolger, kann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die bisherigen Kabinettsmitglieder bitten, die Geschäfte vorerst weiterzuführen – wozu diese auch verpflichtet sind. Eine Frist, innerhalb derer der Bundestag einen neuen Bundeskanzler wählen muss, gibt es nicht.

Damit der Bundestag auch voll arbeiten kann, bevor eine Regierung gefunden ist, kann ein sogenannter Hauptausschuss gebildet werden, der die ständigen Ausschüsse zunächst ersetzt und sich mit Vorlagen befasst, die ihm das Plenum zuweist. So war es nach den Wahlen 2013, 2017 und 2021. Werden später ständige Ausschüsse eingesetzt (aktuell gibt es 25), löst sich der Hauptausschuss wieder auf.

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