Eine Niederlage für die Demokratie

von Redaktion

Ärger um das Wahlrecht

Demokratie ist kompliziert und verdient Anstrengung, aber dieses Gewürge verstehen selbst Wohlwollende kaum. In 23 Wahlkreisen wird den Siegern das knapp errungene Mandat verweigert. In den meisten Fällen ziehen dafür die unterlegenen Gegenkandidaten ein, die haben zwar noch nicht mal daheim eine Mehrheit, aber halt einen gepolsterten Listenplatz. Manche Wähler vor Ort werden sich verhöhnt fühlen. Und ausgerechnet die Kandidaten, die in den schwierigsten Wahlkreisen gekämpft und gesiegt haben, gehen jetzt leer aus. Der große systematische Fehler des neuen Wahlrechts zeigt sich hier in voller Pracht.

Die Schuld ist breit gestreut. Die alte Ampel hat dieses Wahlrecht in einem Akt unverhohlenen Machtmissbrauchs mit ihrer Mehrheit durchgepeitscht, mit dem Ziel, dass es der Union schaden soll. Etwas tröstlich: Einige der Haupttäter haben fortan viel neue Freizeit, darüber nachzudenken. Zur Ursache gehört aber auch, dass CSU und CDU in den Jahren davor eine überfällige Reform des Bläh-Bundestags verschleppten. Auch das war Vorsatz – und rächt sich bitter.

Es ist nicht das drängendste Thema aktuell. Doch Union und SPD sollten aus diesem Demokratie-Debakel und ihren Versäumnissen lernen und noch mal eine kluge, faire Reform anpacken. Weil eine Obergrenze von Abgeordneten richtig ist (630 sind noch immer viel), gilt: Lieber etwas weniger Wahlkreise, dafür ein Mandat für jeden Sieger; das ist mehr wert als Listenabgeordnete, solange es weiterhin nur starre Parteilisten gibt.
CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET

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