„Wir kennen uns gut“: Katharina Schulze bedauert die Entscheidung von Robert Habeck. © privat
Nach drei Jahren Ampel kehren die Grünen im Bund in die Opposition zurück. Nur 11,6 Prozent gab es bei der Wahl. Ein Gespräch mit Bayerns Fraktionschefin Katharina Schulze (39) über die Lehren.
Frau Schulze, wie ist die Laune bei den Grünen?
Wir sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden, auch wenn wir in Bayern etwas besser abgeschnitten haben als im Bund. Da freue ich mich über unseren stabilen Kern. Aber wir kommen aus einer sehr unbeliebten Regierung. Und obwohl viele versucht haben, alles bei uns abzuladen, haben wir von den Ampel-Parteien am wenigsten verloren. Ich frage mich, wem Markus Söder künftig die Schuld für alle Probleme geben will.
War Robert Habeck, das Gesicht der Ampel, der richtige Kandidat?
Ja. Robert Habeck ist ein Ausnahmepolitiker, der vorausgedacht hat. Lange vor dem russischen Einmarsch hat er Waffen zur Selbstverteidigung für die Ukraine gefordert und den Umbau der Wirtschaft hin zu Erneuerbaren Energien vorangetrieben. Seine Beliebtheit ist groß, seine Art Politik zu machen besonders.
Aber jetzt ist er weg.
Ich bedauere das außerordentlich. 2018 war ich mit ihm zwei Wochen lang in Bayern unterwegs, wir kennen uns gut. Er hat gezeigt, wie wir Grüne auch sind. Seine Entscheidung ist eine echte Zäsur für die Partei.
Wer sollen jetzt die grünen Gesichter in Berlin werden?
In der Opposition werden die Aufmerksamkeitsfenster deutlich kleiner. Aber ich vertraue auf Annalena Baerbock, die hohe Beliebtheitswerte hat, und das neue Duo der Parteivorsitzenden, das gleich mal mit einem schwierigen Wahlkampf starten musste.
Die Grünen haben 460000 Wähler an die Union verloren. Lag das auch an der Migrationspolitik?
Das Thema Migration war eines der entscheidenden. Ich bin sehr froh, dass Robert Habeck noch den Zehnpunkteplan veröffentlicht hat. Wir brauchen nämlich beides: Humanität und Ordnung.
Hätte man das in den vergangenen ein, zwei Jahren anders angehen müssen?
Ich kann nur für uns in Bayern reden: Nach dem Anschlag in Aschaffenburg habe ich meine Kollegen der demokratischen Parteien im Landtag kontaktiert, damit wir uns zusammensetzen. Es gibt Handlungsdruck. Viele wollen Menschen helfen, die vor Krieg zu uns fliehen. Gleichzeitig weiß ich um die Belastung der Kommunen. Und alle wollen in Sicherheit leben. Dafür gibt es Lösungen! Wir demokratischen Parteien müssen es jetzt gemeinsam hinbekommen. Das Geschrei von der AfD – alle ausweisen! Grenzen dicht! – schürt nur Hass.
Die Grünen haben auch 700000 Wähler an die Linke verloren – darunter viele junge.
Die Kampagne der Linken war spannend. Zugleich muss man aber sagen: Wer nicht regiert und gar keine Verantwortung will, geht halt leichter auf die Barrikaden und kann plakativere Forderungen vertreten. Das ist nicht mein Politikstil. Ich bin davon überzeugt, wir müssen verteidigungsfähiger werden und die Ukraine mehr unterstützen.
Werden die Grünen in der Opposition nun auch wieder härter – beispielsweise im Kampf für Klimaschutz?
Beim Klimaschutz sind wir immer klar! In Deutschland jagt ein Temperaturhoch das nächste, während Markus Söder und Hubert Aiwanger die Klimaziele im Hinterzimmer abschaffen – und beim nächsten Hochwasser dann wieder in Gummistiefeln posieren. Auch in der neuen Bundesregierung wird der Klimaschutz wahrscheinlich als Erstes unter die Räder kommen. Aber für uns Grüne bleibt der Schutz unserer Lebensgrundlagen der Kern unserer Arbeit.