Hört man sich bei Unternehmen um, welches Thema ihnen besonders an die Nieren geht, fällt oft ein Wort: Papierkram. Ausufernde Berichtspflichten, detailverliebte Informationsvorgaben, umfangreiche Anträge – in deutschen Firmen verbringen Angestellte in jeder Arbeitswoche einen von fünf Arbeitstagen mit dem Ausfüllen von Formularen, haben die Forscher vom ifo-Institut bei einer Umfrage unter 450 Unternehmen herausgefunden. Das ist absurd und kostet Nerven, Zeit, Geld und am Ende Jobs.
Gerade kleinere Unternehmen haben im Moment schon genug Probleme mit Fachkräftemangel und Wirtschaftsflaute. Dass die EU ihnen nun die bürokratischen Fesseln lockern will, ist deshalb überfällig. Dass dabei das umstrittene Lieferkettengesetz entschärft und aufgeschoben wird, ist das richtige Zeichen. Seit Monaten warnen Verbände vor einem Bürokratiemonster. Mit ihrem Entgegenkommen signalisiert die EU nun, dass sie die Bedenken verstanden hat, den Firmen vertraut und ihre Prioritäten wieder mehr auf Wachstumsförderung verschiebt.
Um die Wirtschaft wirklich von Papierkram zu entlasten, kann die EU-Offensive aber erst der Anfang sein. Der Brüsseler Mentalitätswandel muss auch die deutschen Amtsstuben erreichen. Die meiste Zeit vertrödeln deutsche Firmen nämlich nicht mit EU-Vorgaben, sondern mit trägen Behörden vor Ort, in denen immer wieder kleinkarierte Kontrolleure hinter ihren Ordnern und Faxgeräten über deutsche und bayerische Regeln und Vorgaben wachen.
ANDREAS.HOESS@OVB.NET