Die „steilen Moves“ werden immer mehr zum Markenzeichen des Mannes, der an Ostern zehnter deutscher Bundeskanzler sein will: Dem „Tabubruch“ der gemeinsamen Asyl-Abstimmung mit der AfD und dem Hinausdrängen der FDP aus dem Bundestag lässt Friedrich Merz mit seinem „Whatever it takes“ in der Finanzpolitik nun den dritten Streich folgen. Eine Billion neue Schulden zur Ertüchtigung und Verteidigung Deutschlands vor Putin will der künftige Regierungschef aufnehmen. Ein Husarenstreich – und zugleich eine gewaltige Wählertäuschung. Vor der Wahl hatten er und seine Union steif und fest das Gegenteil versprochen.
„Ruchlos“ ist das wohl im Sprachgebrauch der scheidenden grünen Außenministerin. Richtig ist aber zugleich: Merz hat den festen Willen, Deutschland und Europa durch diese Zeitenwende führen, und schreckt dabei zu Recht auch vor dramatischen Entscheidungen nicht zurück. Auf ein Land, das 16 Jahre lang die Schlafwagenpolitik einer Angela Merkel und drei Jahre die Selbstblockade der Ampel erlebt hat, wirkt das wie ein Kulturschock. Den Grünen ist ihr Ärger über den dreisten Schwenk von CDU und CSU nachzufühlen. Doch werden sie als staatstragende Partei den schwarz-roten Schuldenplan absegnen, um die politische Mitte nicht der Blockademacht der Extremen von Linkspartei und AfD (und deren Paten Putin) im neuen Bundestag auszuliefern.
Was bleibt denn auch anderes übrig? Trump und Putin konfrontieren Europa mit einer Gefahr, der die Europäer seit dem Sieg über den Hitlerismus nicht mehr ins Auge blicken mussten. Die Nachkriegsordnung, die der Mitte des Kontinents fast 80 Jahre lang Frieden garantiert hat, liegt in Trümmern. Den „Westen“ gibt es nicht mehr. Der Seitenwechsel der USA hat die Lage nach Putins Zivilisationsbruch und dem ersten Ampel-Sondervermögen ein zweites Mal grundlegend verändert. Trotzdem an der Schuldenbremse in ihrer alten Form festzuhalten, würde Deutschland am Ende mehr kosten als die Billion. Die Schuldenbremse wurde für „normale“ Zeiten erfunden, damit der Staat mit seinen Einnahmen auskommt und dann handlungsfähig ist, wenn die Geschichte es erfordert. Geschichte spielt sich gerade jetzt ab, vor unseren Augen. Man muss Merz und seinen Groko-Partnern Glück wünschen. Und Mut.
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