„Signal an Freund und Feind“: Markus Söder mit geballten Fäusten auf der Passauer Bühne beim Aschermittwoch der CSU. © Sven Hoppe/dpa
Passau – Mit dem Defiliermarsch gibt es kein Problem, die unglückselige Kapelle, die 2023 das falsche Lied zum Einmarsch spielte, ist längst gegen Profis ausgetauscht. Aber das Defiliermarschieren heuer ist hart: Markus Söder humpelt, wohl eine Verletzung beim Fußball mit den Kindern. Der CSU-Chef kämpft sich tapfer durch den langen, langen Hallengang, winkend, händeschüttelnd, selfielächelnd. Das Ritual verlangt es so. Acht Minuten später auf der Bühne ballt er beide Fäuste wie ein Boxer – erste Runde erfolgreich überstanden.
Mitten in der Sondierung, der Berliner Billionen-Deal erst eine Nacht alt, die Welt aus den Fugen – Kritiker schimpften, es gebe jetzt Wichtigeres als Polit-Stammtische mit Vormittagsbier und Fischsemmel. Dass die CSU ihren Passauer Aschermittwoch trotzdem nicht absagt, zwingt alle Parteien dazu, durchzuziehen. Man kann ja auch argumentieren: Nie war es wichtiger, mit der Basis zu reden, als jetzt. Für die CSU, deren Gäste wieder bis aus Peine, Paderborn, Kärnten und Bozen busweise anreisen, ist das einer der wichtigsten Termine des Jahres. „Ohhhh“, ruft Söder dann spöttisch von der Bühne: Die „mickrigen Hungerleider-Veranstaltungen der anderen“ seien ja verzichtbar, der CSU-Aschermittwoch nicht.
Söder verlässt sich auf Bewährtes. Es bleiben ja die Grünen als Gegner. Wie Generalsekretär Martin Huber spottet: die Partei, die „vor lauter Wokeness jetzt mehr Geschlechter hat als Parlamentssitze“. Söder legt Noch-Vizekanzler Robert Habeck spöttisch nahe, sich nach Schleswig-Holstein zurückzuziehen, und gibt da gleich dem lokalen CDU-Regenten eine mit. „Daniel Günther hat ihm bestimmt schon ein warmes Plätzchen in seiner Koalition reserviert.“ Dem Rest der Republik ruft er zu: „Liebe Preußen, versteht es, ab jetzt geht nichts mehr ohne Bayern in Deutschland.“
Zu Söders Ton, wie immer leicht ironisch-unterhaltsam, gehören auch ernste Passagen. Anklänge von Respekt gegenüber dem Bald-Partner SPD. Ein Appell an den Erhalt der transatlantischen Freundschaft, trotz „erschüttertem Urvertrauen“. Vor allem startet der CSU-Chef in Passau das Manöver, die Basis vom Berliner Billionenpakt zu überzeugen. Ja, die Summen machten „schwindelig“, aber es werde parallel weiter gespart, sagt er. Es sei nötig, gerade mit diesen Verteidigungsausgaben ein „Signal an Freund und Feind“ zu senden. Und zur Infrastruktur gehöre ein Beschleunigungspakt. Er nennt mehr Tempo beim Ausbau der Bahnstrecken nach Prag und des Brenner-Zulaufs Richtung Italien.
Die Dreiländerhalle ist natürlich wohlgesonnen, Söder wie der künftigen Koalition gegenüber. „Mit Merz aufwärts ab März“, hat ein Basis-Poet auf sein Plakat gepinselt. Der CSU-Hauptredner weiß das zu bedienen. Er fordert mehr Patriotismus, weniger Bürokratie („über Kettensägen nachdenken“), mehr Einsatz für die Industrie: Man müsse „die Autohasserei beenden“.
Klarste Passage bei Söder: Er verspricht den Hundertprozentigen in der Halle „beinharte Verhandlungen bei der Migration“. Er sagt erstaunlich offen, dass viele Wähler der Merkel-Union (nicht den Grünen) die Migrationspolitik nachtragen, er nennt die Altkanzlerin dabei nur „jemand anders aus dem Gestern“. Söders Sätze werden wohl auch bis Berlin gehört: Ohne wirksame Begrenzung werde es keinen Segen für die Koalition geben. „Die Migration ist die rote Linie.“