Neue Freunde: Am Abend vor dem Urteil gegen Präsident Dodik (r.) reist Trump-Anwalt Giuliani an. © Pavicic/dpa
München – Politische Schlagzeilen bringen in Bosnien-Herzegowina niemanden so leicht aus der Fassung. Das ist auch jetzt so – obwohl sich in einem Landesteil gerade ein Konflikt anbahnt, der eine Versöhnung des vom Krieg geprägten Balkanlandes weiter erschwert. Auslöser ist ein Gerichtsurteil gegen den bosnischen Serbenführer Milorad Dodik. Es stammt von Ende Februar und sorgt für akute Spannungen.
Dem Präsidenten der Republika Srpska, einer überwiegend von bosnischen Serben bewohnten Region, wird vorgeworfen, Entscheidungen des Hohen UN-Repräsentanten missachtet zu haben. Dieser wacht seit dem Kriegsende über die Einhaltung des „Dayton-Friedenabkommens“, seit 2021 hat der CSU-Politiker Christian Schmidt das Amt inne. Er ist mächtig, kann Gesetze erlassen oder Politiker entlassen. Dodik wiederum ist das ein Dorn im Auge. Weil er Schmidts Weisungen nicht anerkannt hatte, droht ihm ein Jahr Haft. Für ihn aber gravierender: Er darf sechs Jahre lang nicht Präsident der Republika Srpska sein – wenn die Strafe rechtskräftig ist.
Als Reaktion auf das Urteil schaltet Dodik jetzt auf Angriff und verbannt per Dekret die Polizei und Justiz des Zentralstaats. Damit eigne sich die Republika Srpska „ihre Subjektivität und ihre Kompetenzen wieder an“, begründet Dodik. Zwar wird das Gesetz noch vor dem Verfassungsgericht verhandelt, aber es ist ein erneuter Versuch, die Republika Srpska von Bosnien-Herzegowina abzuspalten.
Mit diesem nationalistischen Kurs steht Dodik nicht alleine da. Noch am Abend des Gerichtsurteils gegen ihn traf Unterstützung aus Belgrad ein. Der serbische Präsident Aleksandar Vucic nannte das Urteil „schändlich“ – es habe als „Ziel die Zerstörung der Republika Srpska“. Serbien befindet sich gerade selbst in einer politischen Krise, die Opposition spricht der serbischen Regierung die Legitimität ab, zündete jüngst Rauchbomben im Parlament. Mitten in diesen Spannungen sucht Vucic den Schulterschluss mit Dodik.
Zugleich hofft Dodik auf einen besseren Draht nach Washington. Wie er sucht US-Präsident Donald Trump die Nähe von Kreml-Chef Wladimir Putin. Und wie er ist Trump nicht gerade ein Fan der Vereinten Nationen, die das Amt des Hohen Repräsentanten geschaffen haben. Deswegen lud der Serben-Führer jüngst einen engen Trump-Vertrauten ein – seinen Anwalt Rudy Giuliani. In Banja Luka nahm er an einer Unterstützungskundgebung für Dodik teil. Mit dabei eine Kappe mit der Aufschrift: „Make Srpska Great Again“.
Und auch in der EU kann Dodik auf Unterstützer zählen. Für den Fall einer Verhaftung soll er vorgesorgt haben. Nach Recherchen des Portals VSquare sollte eine Sondereinheit der ungarischen Anti-Terror-Polizei Dodik zur Flucht verhelfen – über Kroatien nach Ungarn. Dodik ist mit seinem nationalistischen Kurs alles andere als allein.
LEONIE HUDELMAIER