Alte Feindschaft rostet nicht: Horst Seehofer, damals noch Sozialpolitiker, war schon vor 25 Jahren Gegenspieler des Marktwirtschaftlers Friedrich Merz, seine schwierige Beziehung zu Nachfolger Markus Söder ist hinlänglich dokumentiert. Kein Wunder also, dass der ehemalige CSU-Chef nun beiden in die harmonische Sondierungsparade grätscht. Und: Ganz Unrecht hat er ja nicht! Weder was Merz‘ Wahlversprechen angeht noch Söders Ergebnisse.
Nun kommen noch einige Punkte bei den Sondierungen hinzu, die durchaus Fragen aufwerfen. Die Ökonomen weisen mit gutem Recht darauf hin, dass die GroKo, die inzwischen eher KleiKo heißen müsste, den Fehler ihrer Vorgänger wiederholt. Schon die Ampel versuchte, inhaltliche Risse mit Geld zuzukleistern. Mütterrente, Gastronomiesteuer, Agrardiesel – es verwundert, wie kleinteilig das knappe Geld bereits in den Sondierungen verteilt wird, während man beispielsweise über die Reform der Bahn kein Wort im Papier findet.
Schlimmer noch: Die großen Fragen der Sozialversicherung bleiben unbeantwortet. In der Kombination mit der massiven Neuverschuldung ist das kein gutes Signal an die junge Generation. Steuerzuschüsse und Sozialabgaben steigen also weiter, weil den Regierenden der Mut fehlt. Leider war das vorhersehbar: Schon die letzten Bündnisse zwischen Union und SPD waren keine Reformregierungen.
Doch bei aller Kritik muss man auch das große Ganze sehen: Das Tempo, das die künftigen Koalitionspartner an den Tag legen, ist angesichts der Weltlage richtig. Und es gibt auch wuchtige Ergebnisse: Sowohl bei der Begrenzung der Migration als auch bei der Abschaffung des Bürgergelds springt die SPD über ihren Schatten. Die Genossen haben endlich verstanden, dass sich viele ihrer Ex-Wähler genau wegen dieser Punkte abgewandt hatten: weil der Staat bei der Migration die Kontrolle verlor. Und weil viele, die hart arbeiten, eine wachsende Gerechtigkeitslücke fühlen. Nun weisen die Formulierungen in die richtige Richtung.
Allerdings hängt es in beiden Punkten von den Detailregelungen und – vor allem – der anschließenden Umsetzung ab. Nur ein Beispiel: Mehr Abschiebungen haben schon viele versprochen. Man muss sie dann aber auch durchsetzen.
MIKE.SCHIER@OVB.NET