Frauen sind eine Minderheit im Bundestag

von Redaktion

Im Bundestag sind weniger Frauen vertreten. © Divisek/DPA

Berlin – 47 Jahre alt, männlich, weiß: Das ist der durchschnittliche Abgeordnete im neu gewählten Bundestag. Und Frauen? Die machen zwar etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus, sind aber im Parlament mit einem Anteil von 32,4 Prozent deutlich unterrepräsentiert. Im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode ist der Frauenanteil gesunken: Bisher konnten rund 35 Prozent Frauen auf den Rängen des Plenarsaals mitbestimmen.

Der Wert im neuen Bundestag ist laut Sheyda Weinrich von der Bundesstiftung Gleichstellung wieder besonders gering. 1998 habe es erstmals einen Frauenanteil von über 30 Prozent gegeben. 2013 sei mit 37 Prozent die bisherige Höchstmarke erreicht worden – seitdem falle der Wert wieder ab. Damals regierte unter dem Vorsitz von Ex-Kanzlerin Angela Merkel eine große Koalition aus Union und SPD.

Der gesunkene Anteil hängt Weinrich zufolge vor allem mit dem Erstarken von AfD und Union zusammen. „Insbesondere bei den Direktmandaten sind bei den erstarkten Fraktionen zu wenige Frauen dabei“, erläutert Weinrich der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Bei der AfD sind rund 12 Prozent der Parlamentarier weiblich. In der Union sind 23 Prozent der Abgeordneten Frauen.

Ein strukturelles Problem bei Parteien sieht auch die Juristin Silke Ruth Laskowski, Expertin für Parität und Antidiskriminierungsrecht an der Universität Kassel. „Sie bevorzugen bei den Kandidaturen Männer und bremsen Frauen aus. Das verstößt gegen deren Recht auf Chancengleichheit in den Kandidaturen“, sagt Laskowski.

Mit rund 61 Prozent können die Grünen den höchsten Anteil an weiblichen Abgeordneten für sich verbuchen, knapp dahinter folgt die Linke mit rund 56 Prozent. Bei der SPD fällt das Geschlechterverhältnis mit 42 zu 58 Prozent leicht zugunsten der Männer aus.

Doch bleiben mit weniger Frauen im Parlament auch Gleichstellungsfragen auf der Strecke? Durch diesen Umstand dominiere im Bundestag ein „männlicher Blick“, sagt Laskowski. „Das heißt, Themen von Frauen und Perspektiven, die für deren Lebensrealität wichtig sind, verschwinden oder werden heruntergespielt.“

Durchbrüche bei Frauenrechten und Gleichstellungsanliegen seien in der Vergangenheit oft nur durchgebracht worden, „weil sich die wenigen Frauen im Bundestag überhaupt zusammengeschlossen und Themen vorangebracht haben“, sagt Weinrich.

Hinter dem geringen Frauenanteil versteckt sich aus Sicht der Expertinnen auch ein Demokratieproblem: Frauen kämen vor allem nicht in politische Ämter, „weil es strukturelle Barrieren gibt und es keine gleichen Zugangschancen gibt“, kritisiert Sheyda Weinrich. Sie würden seltener in wichtigen Wahlkreisen aufgestellt, Politik werde ihnen oft nicht zugetraut. „Letztendlich ist das eine Demokratiefrage, wenn es uns nicht gelingt, allen Frauen wie Männern den gleichen Zugang zu politischen Ämtern zu ermöglichen.“

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