Bestens integriert sind die Amerikaner in Grafenwöhr, nicht nur beim Volksfest auf dem Truppenübungsplatz. © Weigel/dpa
München – Das Sautrogrennen gibt es noch. Jeden Sommer steigen Zweierteams auf dem Stadtweiher von Grafenwöhr in ihre Holzgefährte. Bei US-Soldaten ist das Spektakel beliebt, ein General bildete lange ein Duo mit Edgar Knobloch, dem Bürgermeister. Die Army ist weiter aktiv, bloß Knobloch musste vor drei Jahren passen. Das Knie.
Davon abgesehen, sagt er, sei die Beziehung bestens, „ein bisschen einzigartig“ sogar. Wer Grafenwöhr hört, denkt an den Truppenübungsplatz, den größten und modernsten auf dem ganzen Kontinent. Und wen es als US-Soldat nach Europa verschlägt, der hat gute Chancen, über kurz oder lang hier zu landen.
Edgar Knobloch macht sich in letzter Zeit wieder häufiger Gedanken über den Beziehungsstatus zwischen Deutschen und Amerikanern. Donald Trump stellt gerade vieles infrage, auch die US-Truppenpräsenz in Deutschland. Zuletzt hieß es, er erwäge, die rund 37 000 Soldaten fast vollständig abzuziehen.
Knobloch hat das alles schon mal erlebt. Auch vor fünf Jahren, wenige Monate vor den US-Wahlen, wollte Trump die Präsenz massiv reduzieren, von 34 500 auf 25 000. Am Ende blieb alles wie gehabt, und Joe Biden baute das Kontingent sogar aus. Aber jetzt ist Trump zurück, und seine Amtszeit dauert noch fast vier Jahre. Da kann viel passieren.
Dass er noch radikaler vorgeht als in der ersten Amtszeit, gibt ihnen auch in der Oberpfalz zu denken. Grafenwöhr steht sinnbildlich für Trumps schwieriges Verhältnis zu den langjährigen Partnern, das oft irrlichternd wirkt, aber vor allem unverhohlen destruktiv. Wer Freunde so drangsaliert wie er, scheut im Zweifelsfall nicht davor zurück, Bewährtes über den Haufen zu werfen und alte Bande zu kappen. Die Nato, die Ukraine, die Oberpfalz. Als Alternativstandort zu Grafenwöhr ist Ungarn im Gespräch. Bei Viktor Orbán würde Trump sich vermutlich eher unter Freunden fühlen.
Es geht um viel, für beide Seiten. 30 000 Amerikaner, sowohl Soldaten als auch Zivilisten, leben im Großraum Grafenwöhr, „das ist schon eine Hausnummer“, sagt Knobloch. Die USA lassen sich den Standort jedes Jahr 700 Millionen Dollar kosten für Löhne, Mieten, zivile Angestellte. 60 Millionen fließen in den Privatkonsum. 3000 Deutsche haben einen Job bei der Army.
Der Bürgermeister begegnet dem Thema mit robustem Optimismus, was soll er auch tun? Sicher, manche Ankündigungen seien „alles andere als beruhigend“. Andererseits sei das, was man seit 80 Jahren in Grafenwöhr habe, etwas Besonderes. Trump schimpfe zwar über Deutschland und Europa. Aber Grafenwöhr sei „ein guter Freund und sehr zuverlässiger Partner. Das muss ihn eigentlich interessieren.“
Vermutlich werden am Ende aber härtere Faktoren entscheiden. Die geostrategische Bedeutung. Die in jeder Hinsicht wertvolle Infrastruktur. Auf dem gigantischen Truppenübungsplatz mit seinen 230 Quadratkilometern entsteht gerade ein neuer Komplex mit Kasernen, Unterkünften, Wartungshallen, in die die USA 650 Millionen Euro investieren. Als es im Januar 2024 losging, sagte Knobloch, der Standort sei damit gesichert. Das war vor Trump, aber auch jetzt nennt er die Baustelle „eine Maßnahme, die uns hoffen lässt“.
Nicht alles hängt an der Army. Es gibt zwei Gewerbegebiete, eine vielfältige Gastronomie. Sie bemühen sich um ein zweites Standbein, doch so stabil wie das erste wird es nie werden. Muss es auch nicht, sagt Knobloch. Auch als Weltmacht sei es wichtig, „vor Ort zu sein“. So, argumentiert er, ließen sich Probleme im Kleinen lösen, bevor sie groß werden.
Er kennt das aus seinem Alltag. Wenn er etwas auf dem Herzen habe, könne er jederzeit den Kommandierenden General anrufen. Deutsche und Amerikaner sitzen hier weiter in einem Boot. Nur nicht mehr gemeinsam in einem Trog.