Er ahnt es vor dem Saal. „Ich befürchte, dass ich eine Menge abkriege heute“, sagt Markus Söder. Aber dass es so arg wird, merkt der Ministerpräsident erst am Abend. Zeile um Zeile arbeitet sich die Fastenpredigt an ihm ab, immer wieder er, er, er. Und im Lauf der Minuten ist es ihm anzumerken, allmählich auch den Ministern reihum: Die Begeisterung über viele Passagen, beginnend bei der Schmähung „Lügenbeutel“ für Söder, sinkt, der Lacherpegel auch. Manchem fällt es nicht leicht, nachher für Journalisten ein freundliches Gesicht aufzusetzen. „Drei Schluck Starkbier, dann erträgt man‘s leichter“, rät Söder dazu, was von ihm als Fast-nie-Trinker schon ein großes Wort ist. Sein Urteil zur Rede ist skeptisch: „Es hat schon stärkere gegeben“, allenfalls „ein paar nette Gags“. Und, was auch vom Franken hier definitiv kein Kompliment ist: „Passt schon.“
Eines der ehrlichsten, aber bittersten Statements: Als Schafroth sagt, er komme zum Ende seines Auftritts, folgen aus dem Saal ein paar Klatscher. Kunstminister Markus Blume urteilt hart. „Das war schon eine intellektuelle Herausforderung, um sich zu den Pointen hinzudenken“, sagt der CSU-Politiker – er fand‘s unlustig. Eine richtige Abrechnung gibt es sogar von Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU). In die laufende BR-Kamera sagt sie, sie sei „enttäuscht“. In diesen Zeiten einseitig „Lüge, Unwahrheit, Unfähigkeit“ vorgeworfen zu bekommen, „das passt nicht in die Zeit“. Die Rede sei wenig unterhaltsam gewesen. Sie habe sich, sagt Scharf, auf einen heiteren Abend gefreut – vergeblich. Agrarministerin Michaela Kaniber kritisiert das von Schafroth vermittelte Frauenbild als einseitig. Auch Freie-Wähler-Umweltminister Thorsten Glauber ist unzufrieden. Lachen gehöre dazu, sagt er, das habe in der Botschaft gefehlt. In diesen Reihen steht am Ende keiner auf, um Schafroth zuzuklatschen. Kein Skandal, aber ein Signal schon. Dass die Regierenden auch lachen könnten, zeigen sie erst bei und nach dem Singspiel, als Teil zwei deutlich milder. „Das hat entschädigt für die Predigt“, sagt Söder. „Einmal mehr“ habe das Singspiel den Abend „gerettet“, sagt Blume.
Aus Berlin eingeflogen: SPD-Generalsekretär Matthias Miersch nimmt die Rede reglos hin, lacht erst beim Singspiel. Münchens OB Dieter Reiter gibt zu Protokoll, er sei „zufrieden“, habe aber Söder auch nicht schallend lachen hören.
Bei den Grünen herrscht deutlich größere Heiterkeit, passend zur ihnen gegenüber milden Schafroth-Rede. Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze lobt, er habe viel Richtiges gesagt. „Großartig mit guten Spitzen, tiefsinnig.“
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER