Merz zittert bis zum Sieg

von Redaktion

Wer hört die Signale? Friedrich Merz gestern in der Fraktionssitzung. Neben ihm Alexander Dobrindt (CSU). © Kappeler/dpa

München/Berlin – Ist es Zuversicht oder Autosuggestion? „Es wird knapp, aber es wird gehen“, sagt Friedrich Merz zum Start in die neue Woche. Man müsse noch „Überzeugungsarbeit leisten“, er habe „Respekt“ vor der Kritik. Merz‘ Botschaft ist klar: Wird schon werden mit dem Billionen-Paket.

Heute, 10 Uhr, stimmt der (alte) Bundestag namentlich ab über die Pläne von Union, SPD und Grünen, ein großes Kreditpaket für Verteidigung, Infrastruktur und für die Länder zu schnüren. Eine Zweidrittelmehrheit ist nötig, weil das Grundgesetz geändert werden muss. In Zahlen: Von 733 Abgeordneten müssten 489 Ja sagen. SPD (207 Abgeordnete), CDU/CSU (196) und Grüne (117) kämen zusammen auf 520 Stimmen – also 31 Stimmen mehr als nötig.

Das klingt komfortabler, als es ist. Denn Merz hat trotz des Billionen-Kompromisses nicht alle Abgeordneten der drei Fraktionen hinter sich. Er muss sich zunächst darum kümmern, die eigenen Leute zu überzeugen. Da sind manchen die geplanten Schulden nicht geheuer, anderen die enormen Militärausgaben. Ausgerechnet sein früherer Generalsekretär schert aus. Mario Czaja, der nicht im besten Einvernehmen aus dem Amt schied, will dem Paket nicht zustimmen. Er sehe einen „erheblichen Vertrauensverlust“ für die CDU, „dass wir im Wahlkampf etwas anderes gesagt haben“, sagt der scheidende Berliner Abgeordnete dem Nachrichtenportal „Pioneer“. Der Plan sei „nicht generationengerecht“, seine Begründung „nicht redlich“. Er mache sich das nicht leicht.

Czaja ist der Einzige, der sich öffentlich dazu bekennt. Angeblich wackeln bis zu 20 Konservative, darunter Klaus-Peter Willsch. Merz und CSU-Statthalter Alexander Dobrindt planen nun eine Probeabstimmung, also einen Zählappell, für heute um 9 Uhr früh. Ob Merz sich genügend um die Skeptiker kümmert, ist intern umstritten, mehrere seiner Vertrauten telefonieren aber seit Tagen emsig. Die CSU sei dabei auf Linie, heißt es.

Merz versucht am Montagabend auch, Zweifler mit einem Bekenntnis zum Sparen zu überzeugen. Trotz Kredit-Paket werde man „äußerst sparsam“ in der Sozialpolitik bleiben, sagt er. Und betont, die SPD sei ja nur der „Juniorpartner“. Dobrindt verspricht, man werde „stärker reformieren und konsolidieren“ als geplant, ohne konkret zu werden.

Die SPD schließt Abweichler nicht aus, erwartet aber „eine hohe Zustimmungsquote“. Ministerin Svenja Schulze beschwört die Genossen: „Es muss einfach klappen.“ Auch bei den Grünen gilt eine geschlossene Zustimmung trotz weitreichender Zugeständnisse nicht als wahrscheinlich. „Eine Handvoll“ Abweichler wurde genannt, gerade ausscheidende Abgeordnete lassen sich kaum disziplinieren.

Für Merz und die SPD steht viel auf dem Spiel heute. Platzt das Paket, werden viele Pläne in den laufenden Koalitionsverhandlungen kaum noch zu finanzieren sein. Das Ergebnis der vorgeschalteten Sondierung – viele Zugeständnisse reihum – wäre dann gegenstandslos, der Zeitplan für die Koalitionsbildung und die Kanzlerwahl wohl auch. Merz deutete gestern an, es könne auch alles länger dauern.

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