Trumps Machtkampf mit der Justiz

von Redaktion

Erst Haare ab, dann geht‘s in die Gefängniszellen.

Ankunft im Hochsicherheitsknast: Fast 240 Mitglieder der kriminellen Organisation Tren de Aragua werden in der Stadt Tecoluca in El Salvador inhaftiert. © Handout/AFP (3)

Washington – Spätestens seit dem Wochenende hat Donald Trump einen neuen engen Verbündeten. Es handelt sich um Nayib Bukele, den Präsidenten El Salvadors, der dem US-Kollegen ein verlockendes Angebot gemacht hatte: Für sechs Millionen US-Dollar würde er 238 Migranten aus Venezuela in einem Hochsicherheitsgefängnis unterbringen. Dass die US-Justiz etwas dagegen hatte, scherte die Politiker nicht.

Tatsächlich ignorierte Trump eine Verfügung von Bundesrichter James Boasberg aus Washington. Der hatte per Eilverfahren entschieden: Mindestens 14 Tage lang dürfen keine Migranten ausgeflogen werden, wenn Trump sich dabei auf ein Uralt-Gesetz für einen Kriegsfall beruft. Flugzeuge müssten sogar umkehren, falls sie mit den Betroffenen bereits gestartet seien. Das galt für mindestens jene zwei Jets, in denen die Venezolaner saßen.

Doch die „ungesetzliche Anordnung“ von Boasberg sei zu einem Zeitpunkt gekommen, da sich die Flugzeuge bereits über internationalen Gewässern befunden hätten, behauptete das Weiße Haus. Und dort gelten US-Gesetze nicht. Also landeten die Maschinen in El Salvador, und Präsident Bukele schickte auf „X“ drei hämische Worte in Richtung des einst von Barack Obama eingesetzten Richters: „Ooops. Zu spät“.

Trump hatte die Flugzeuge bewusst schnell starten lassen, als die Anhörung im Gerichtssaal begonnen hatte. Dieser spektakuläre Vorgang zur Deportierung von Migranten, von denen fast alle gefährlichen Gangs angehören sollen, steht für den frisch entbrannten Machtkampf zwischen dem Republikaner Trump und einer Vielzahl von Richtern, die fast immer durch Demokraten ins Amt gehoben wurden – und die nun zu einer Art Widerstandsbewegung gegen den im linken Lager verhassten Präsidenten geworden sind.

So gut wie alle Exekutiv-Anordnungen des Weißen Hauses sind in den letzten Wochen angefochten worden – fast immer dort, wo Sympathien für die Kläger bestehen, das Ergebnis also von vornherein feststand. Bei diesem Tauziehen hat Trump bisher fast immer verloren, da übergeordnete Instanzen noch keine Zeit hatten, die Urteile zu prüfen. Als Trump beispielsweise versuchte, tausende Regierungsangestellte zu entlassen, stoppten liberale Richter in Maryland und Kalifornien – Hochburgen den Demokraten – diese Maßnahmen.

Ein weiterer Richter in Washington blockierte die Entscheidung des Präsidenten, Mitarbeiter des Hilfswerks USAID zu entlassen, dem Trumps Helfer Elon Musk Milliarden-Verschwendung vorgeworfen hatte. Ähnliche Fälle gibt es zu Dutzenden, sodass Mitarbeiter Trumps und Republikaner von einem „Coup“ sprechen, mit dem die Exekutiv-Autorität des Präsidenten unterminiert werden solle.

Während im Kongress erste Abgeordnete aus dem konservativen Lager bereits Amtsenthebungs- und Aufsichts-Verfahren gegen einige Richter eingeleitet haben, entschied sich Trump für den Konfrontationskurs. Wann immer es opportun ist, ignoriert er Urteile. Denn das Weiße Haus weiß, dass die Richter keine Handhabe haben, ihre Beschlüsse auch durchzusetzen.

Das bekam jetzt auch die 34-jährige Professorin und Chirurgin Rasha Alawieh zu spüren. Die Libanesin arbeitet in den USA und habe ein gültiges Visum gehabt, so ihr Anwalt. Dennoch wurde ihr am Donnerstag nach einem Besuch im Libanon die Wiedereinreise verweigert. Sie wurde am Flughafen Boston 36 Stunden festgesetzt und dann nach Paris abgeschoben. Der Hintergrund ist, dass sie wohl eine Zeit lang ohne das Sonder-Visum illegal in den USA gearbeitet hat.

Ein Bundesrichter hatte aber noch am Freitag angeordnet, dass er mindestens 48 Stunden vor einer Abschiebung darüber informiert werden müsse. Doch dies fand nicht statt. Die Anordnung des Richters sei zu spät am Flughafen eingetroffen, argumentierte die US-Regierung. Sie weiß genau: Außer einer möglichen Richterschelte muss sie keine Konsequenzen fürchten.

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