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Bundestag schreibt Geschichte – nur welche?

von Redaktion

Merz‘ teurer Sieg

Die historische Schuldenschlacht im Bundestag ist geschlagen, und man darf heute schon gespannt sein, wie der 18. März des Jahres 2025 in die Annalen der Bundesrepublik eingehen wird: als der Tag, an dem Friedrich Merz 31 Jahre nach seinem erstmaligen Einzug ins Parlament doch noch die Kanzlerschaft errang? Oder ist es die von der FDP beschworene schwarze Stunde, die die Zerrüttung der Staatsfinanzen einleitete? Oder der Moment, in dem die verträumte Nachkriegsrepublik endlich erwachsen wurde und ihre Verteidigung gegen ein aggressives neo-imperialistisches Russland in die eigene Hand nahm?

Vermutlich ist es von allem etwas. Wie ein Monument stand inmitten der erbitterten Redeschlacht im Bundestag der Satz von Merz: „Putins Angriffskrieg ist auch ein Krieg gegen unser Land.“ Darauf gelte es zu reagieren, „whatever it takes“, was es auch koste. Die Kosten für das Land und für Merz ganz persönlich sind tatsächlich enorm: 500 Milliarden Euro für die Aufrüstung, weitere 500 Milliarden für das Plazet von SPD und Grünen, und, nicht zuletzt, der heftige Ansehensverlust für den künftigen Kanzler. Der steht in der Öffentlichkeit seit seinem ungelenken Schulden-Schwenk nicht mehr als Wahlsieger da, sondern als Wortbrüchiger. Dass CDU und CSU diesen Eindruck in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD noch revidieren können, ist unwahrscheinlich: Die Geldschleusen sind bereits sperrangelweit offen, Spardruck lässt sich im Nachhinein nicht mehr erzeugen.

Den Vorwurf der Wählertäuschung wird Merz nicht so leicht abschütteln können wie das gestern im Bundestag angestimmte hysterische „Kriegstreiberei“-Geschrei von AfD, BSW und Linker, die in schamloser Verdrehung der Geschichte Putin zum Opfer und Merz zum Täter umdeuten wollen. Der künftige CDU-Kanzler wird nach seinem wirtschafts- und finanzpolitischen Holperstart vor allem in der Asyl- und der Außenpolitik punkten müssen – und hoffen, dass es für sein schwarz-rotes Bündnis anders herum läuft als für die Vorgängerregierung. Die Ampelparteien wähnten sich 2021 im Regierungshimmel, besiegelten ihren Bund mit romantischen Selfies – und fanden sich nur wenige Monate später in der von Putin herbeigebombten Koalitionshölle wieder. Auch ihr Ende besiegelt der gestrige 18. März.
GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

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