Die türkische Zivilbevölkerung beweist in diesen Tagen eindrucksvoll, dass sie die fortschreitende Aushebelung der Demokratie nicht einfach kampflos hinnehmen will. Im Kontrast zu diesem Protest eines Volks, das seit Jahrzehnten autokratisch gegängelt wird, wirkt es umso erstaunlicher, wie still die US-Opposition der Zerstörung ihrer fast 250 Jahre alten Demokratie zuschaut. Sofern dahinter eine geschlossene Taktik stehen würde, nach dem Motto, lasst Donald Trump das Land herunterwirtschaften, könnte das ja noch als schlau gelten. Doch der entsprechende Aufruf des Ex-Bill-Clinton-Strategen James Carville an seine US-Demokraten zum „strategischen politischen Rückzug“ steht nur für einen Teil des Partei-Establishments.
Der linke Flügel um Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez mobilisiert derweil mit seiner „Kampf gegen die Oligarchie-Tour“ Tausende – und festigt damit genau das von Trump genährte Bild einer „Sozialisten-Partei“, die für den Durchschnitts-Amerikaner nicht wählbar ist. Noch deutlicher wird das Oppositions-Versagen im US-Kongress: Im Repräsentantenhaus setzten die Demokraten auf Blockade, im Senat winkten sie Trumps Etat kampflos durch. Selbst umstrittenste Personalien wie den wegen Sex-Attacken, Korruption und Alkohol-Exzessen im Feuer stehenden Verteidigungsminister Pete Hegseth konnten und wollten die US-Demokraten nicht verhindern. Die Quittung dieses Zickzack-Kurses zwischen Abtauchen, Radikalisieren und Kooperieren sind die jüngsten Umfragen, die die Demokraten bei nur noch 29 Prozent Zustimmung sehen – der schlechteste je bei CNN erhobene Wert.
Die US-Republikaner zertrümmern Behörden, gängeln Medien und Unis und schicken sich an, das letzte Demokratie-Bollwerk, die Justiz, in ihrem Sinn umzubauen. Zehntausende entlassene US-Staatsangestellte, die unter Druck gesetzten Journalisten und eingeschüchterten Wissenschaftler, die mit Gewalt durch Trump-Fans bedrohten US-Richter – sie alle warten auf eine Führungsfigur, die die Anti-Trump-Opposition eint und die dem liberalen Amerika wieder Hoffnung gibt. Die zerstrittenen und demoralisierten US-Demokraten sind bislang eine einzige Enttäuschung für die knappe Hälfte der US-Wähler, die Trumps Kurs ablehnen.
KLAUS.RIMPEL@OVB.NET