Grüne nominieren Nouripour als Bundestagsvize

von Redaktion

Ex-Chef soll wichtigen Posten bekommen, Dröge und Haßelmann bleiben an Fraktionsspitze

Konkurrenten, die sich mögen: Omid Nouripour und Claudia Roth gestern Mittag im Bundestag. © Kappeler/dpa

München – Nachmittags, die Fraktionssitzung hat noch gar nicht begonnen, treffen sich Omid Nouripour und Claudia Roth auf den Fluren des Bundestags. Der Grünen-Realo und die Parteilinke sind zu diesem Zeitpunkt noch Kontrahenten, aber was soll man sagen: Sie mögen sich halt. Kurz drückt er sie an sich, Kopf an Kopf stehen sie da, dann geht es weiter.

Dass sich der Ex-Parteichef und die noch amtierende Kultur-Staatsministerin wenig später in einer Kampfabstimmung gegenüberstehen, würde man nicht meinen. Dabei geht es um einen wichtigen Posten, den des Bundestagsvizepräsidenten. Jede Fraktion im Parlament hat das Recht auf einen der Vize-Posten. Während die anderen sich intern auf einen Kandidaten einigen, lassen es ausgerechnet die Grünen auf einen Dreikampf ankommen. Auch die bisherige Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt bewirbt sich. Am Ende aber macht Nouripour das Rennen.

Der Dreikampf ist durchaus bemerkenswert, weil die Grünen offene Kampfkandidaturen in jüngerer Vergangenheit vermieden. Doch anders als in der Regierung, wo Ministerämter winken, sind prominente Posten in der Opposition rar. Alle drei warben in den vergangenen Tagen entsprechend offensiv für sich: Göring-Eckardt als Ostdeutsche, Nouripour als Mann mit Migrationshintergrund, Roth als Frau mit „scharfkantigem Profil“, wie sie selbst schrieb.

Seine iranischen Wurzel hätten ihn gelehrt, „Brücken zu bauen, unterschiedliche Perspektiven zusammenzuführen und respektvolle Debatten zu führen – weit über Parteigrenzen hinaus“, schrieb Nouripour in seiner Bewerbung an die Fraktion. Er wolle sich dafür einsetzen, dass der Bundestag als „Ort des respektvollen und konstruktiven Austauschs“ geschützt werde. Das Präsidium leitet die Sitzungen des Bundestags.

Ohne internes Gerangel ging eine andere Wahl über die Bühne: Katharina Dröge und Britta Haßelmann führen auch im neuen Bundestag die Fraktion. Beide hatten nach der Wahlschlappe Ende Februar schnell und ohne Wehklagen auf Opposition umgeschaltet. Das historische Schuldenpaket von Union und SPD lehnten sie zunächst ab und forderten Nachbesserungen. Dass der wahrscheinlich nächste Kanzler Friedrich Merz (CDU) darauf einging, rechnet man in den Fraktion vor allem den zwei Chefinnen als Erfolg an. Bei der Wahl gestern bekamen sie jeweils 90,4 Prozent.

Wer nun bei den Grünen insgesamt den Ton angeben wird, ist offen. Nachdem die zwei bisherigen Gesichter der Partei, Robert Habeck und Annalena Baerbock, auf prominente Rollen im Parlament verzichteten, gibt es mit dem Partei- und dem Fraktionsvorstand nun zwei Kraftzentren bei den Grünen. Die Rolle der Fraktion dürfte dabei in der Opposition wichtiger werden als bisher.

Neue Bundestagspräsidentin soll heute die CDU-Politikerin Julia Klöckner werden, die anderen Fraktionen stellen je einen Vize. Gestern nominierte die CSU-Landesgruppe die Innenpolitikerin und bisherige Fraktionsvize Andrea Lindholz. Die SPD stellt ihre bisherige Parlamentarische Geschäftsführerin Josephine Ortleb aus Saarbrücken auf.
MMÄ

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