München/Washington – Vizepräsidenten halten sich meist im Hintergrund. JD Vance ist da anders, seit seiner Amtsübernahme zieht es ihn konsequent auf die große Bühne. Die kontroverse Grönland-Reise ist der neueste Aufreger.
Wer ist dieser Vance? Diese Frage stellen sich viele Beobachter der US-Politik, doch eine klare Antwort gibt es nicht. Der politische Werdegang des 40-Jährigen ist jedenfalls geprägt von seiner Wende vom vehementen Trump-Gegner zum glühenden MAGA-Unterstützer.
Diese Anpassungsfähigkeit zieht sich durch Vances gesamtes Leben und lässt sich bereits in seinen diversen Namenswandlungen erkennen: 1984 als James Donald Bowman geboren, wurde er einige Jahre später zu James David Hamel und 2014 schließlich zu James David Vance – die einzige Konstante: der Spitzname „JD“.
Schon als Kind lernte der kleine JD, sich inmitten instabiler Verhältnisse zurechtzufinden. Er bezeichnet seine Familie selbst als „Hillbillies“ (Hinterwäldler). JD wuchs im US-Bundesstaat Ohio in ärmlichen Verhältnissen auf. Die Eltern trennten sich, als er noch ein Kleinkind war. Mit sechs Jahren wurde JD von seinem Vater zur Adoption freigegeben. In seinem autobiografischen Buch „Hillbilly Elegie“ (2016) beschreibt Vance dies als traumatisches Erlebnis: „(Mein Vater) hatte eine neue Frau und zwei kleine Kinder, und ich war ersetzt worden.“
Zwei Jahre nach der Trennung heiratete seine Mutter erneut, der Mann adoptierte JD. Um jegliche Erinnerung an ihren Ex-Mann auszulöschen, benannte die Mutter ihren Sohn von James Donald Bowman in James David Hamel um. Derweil glitt sie immer weiter in die Alkohol- und Heroinsucht ab. Ihr Verhalten wurde unberechenbar. Aufgrund ihrer Drogensucht verbrachte JD viele Jahre in der Obhut seiner Großeltern Bonnie und James Vance. Die beiden wurden zu Ersatzeltern, um sie zu würdigen, benannte er sich 2014 in James David Vance um.
Nach dem High-School-Abschluss verließ Vance seine Heimatstadt Middletown und verpflichtete sich als Soldat und Kriegsberichterstatter beim Marine Corps. Vier Jahre lang gehörte er dem US-Militär an und diente dabei unter anderem sechs Monate im Irak. Nach seiner ehrenhaften Entlassung begann er 2007, mit einem Veteranenstipendium an der Ohio State University zu studieren, und erhielt 2009 einen Bachelorabschluss in Politikwissenschaft und Philosophie. Daraufhin studierte er an der Yale Law School Jura. 2013 schloss er das Studium erfolgreich ab.
Als Bestsellerautor und Yale-Absolvent knüpfte Vance in den 2010er-Jahren im Silicon Valley Kontakte mit Techmilliardären. Er schloss sich einer Investmentfirma des Paypal-Mitbegründers und ehemaligen Elon-Musk-Kumpels Peter Thiel an und gründete 2019 mit dessen Hilfe sein eigenes Unternehmen Narya Capital. Thiel war es auch, der JD Vance 2021 mit Donald Trump bekannt machte. Vance war zuvor als Trump-Kritiker aufgefallen: „Mein Gott, was für ein Idiot“, schrieb er während Trumps erster Amtszeit in einem inzwischen gelöschten Post auf X.
An der Seite Donald Trumps, des Mannes, den er bereits als „moralisches Desaster“ und „kulturelles Heroin“ bezeichnet hatte, feierte Vance seinen größten Erfolg: Am 20. Januar 2025 wurde der ehemalige Hillbilly als Vizepräsident der Vereinigten Staaten vereidigt.
SOPHIA BELLIVEAU