München/Paris – Alle Augen sind nun auf ihn gerichtet: Jordan Bardella, Marine Le Pens Frontmann. Er wütete zwar über das Urteil gegen die Rechtspopulistin, nannte es eine „Hinrichtung der französischen Demokratie“ – doch tatsächlich öffnet sich für den 29-Jährigen ein neues Karrierefenster. Eigentlich hätte Le Pen den Chef des Rassemblement National (RN) gerne zu ihrem Premierminister gemacht, sollte sie die Präsidentschaftswahl 2027 gewinnen. Nimmt er stattdessen ihren Platz ein?
Bardella hat eine steile Karriere hinter sich. Mit gerade mal 22 Jahren wird er Parteisprecher des RN. Nur zwei Jahre später ernennt ihn Le Pen zum Spitzenkandidaten bei der Europawahl und kurz darauf wird er ihr Vize. Bardella gilt zu dem Zeitpunkt als politischer Ziehsohn Marine Le Pens und gehört praktisch zur Familie, weil er mit ihrer Nichte liiert ist. Als er mit nur 27 Jahren Parteichef wird, ist niemand überrascht.
Der junge Mann, der stets akkurat gekleidet und frisiert ist, steht für einen Imagewechsel beim RN: Er ist auf Tiktok bei jungen Wählern beliebt und findet auch bei Menschen aus der Arbeiterklasse Anklang. Bardella gibt sich volksnah, betont immer wieder, aus einem armen Vorort in Paris zu kommen und Sohn einer alleinerziehenden Mutter zu sein. Das kommt bei vielen Wählern an. Beobachter berichteten zuletzt vermehrt von einem Höhenflug: In Reden habe er sich immer mehr von Le Pen abgekapselt, sogar erstmals Zweifel an ihrer Präsidentschaftskandidatur geäußert. Le Pen bezeichnet Bardella am Montagabend als „großartige Bereicherung für die Partei“. Jedoch hofft sie, „dass wir auf diesen Trumpf nicht eher zurückgreifen müssen, als es notwendig ist“.
KAB