Unwählbar, aber nicht chancenlos

von Redaktion

Urteil gegen Le Pen

Man wolle ihren politischen Tod, hatte Marine Le Pen noch vor dem gestrigen Richterspruch geklagt. Sie meinte die Justiz, die Populisten ja immer dann für korrumpiert halten, wenn Urteile zu ihren Ungunsten ausfallen. In Wahrheit hat sich Frankreichs Promi-Rechte aber selbst zu Fall gebracht. Sie ist nun faktisch unwählbar und das ausgerechnet jetzt, da sie sich ernsthaft Hoffnungen auf die nächste Präsidentschaft machen konnte.

Das Urteil ist durchaus hart, aber nicht, weil die Betroffene Le Pen heißt. Auch andere der Veruntreuung überführte Politiker wurden zuletzt mit ähnlichen Strafen belegt. Wer eine Straftat eines bestimmten Ausmaßes begeht, verliert im Übrigen auch in Deutschland sein passives Wahlrecht. Dass für Le Pen, die offenbar mit EU-Geld ihre damals klamme Partei versorgt hat, eine Ausnahme gelten soll, kann ja wohl niemand ernsthaft fordern. Das wäre eben jener Missbrauch des Rechtsstaats, den Populisten beklagen.

Natürlich hat das Urteil trotzdem politische Implikationen, die aber nicht zum Vorteil der anderen sein müssen – ganz im Gegenteil. Le Pen selbst mag zumindest für das Wahljahr 2027 aus dem Spiel genommen sein, ihre Partei ist es nicht. Anders als Emmanuel Macron, der dann nicht mehr antreten darf, hat die Rechtspopulistin mit Jordan Bardella frühzeitig einen Nachfolger aufgebaut. Und für die Parteistrategen ist das Urteil nachgerade ein Geschenk. Sie können jetzt zwei Jahre lang erzählen, wie das böse System ihren Sieg verhindern wollte. Gut möglich, dass das verfängt.
MARCUS.MAECKLER@OVB.NET

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