Sichere Kandidaten: Boris Pistorius (li.) und Lars Klingbeil – beide aus Niedersachsen. © dpa
München – Als Union und SPD Mitte März mit den Gesprächen über eine Koalition begannen, wurden interne Regeln für die Arbeitsweise verteilt. Unter anderem hieß es: „keine Statements, keine Pressekonferenzen, keine Kommunikation von Zwischenergebnissen, keine Selfies etc.“ Das hat allenfalls mittel geklappt. Selfies gab es tatsächlich keine, dafür erblickten alle Ergebnisse der Arbeitsgruppen das Licht der Welt – inklusive der umstrittenen Punkte. Die Parteispitzen stellt das vor erhebliche Probleme: Am Ende kann man genau nachvollziehen, wer welche Position aufgeben musste. Die Kompromisssuche, die gestern Abend im Konrad-Adenauer-Haus wieder aufgenommen wurde, wird damit noch schwieriger.
Nach der Kritik von Lars Klingbeil und Saskia Esken gab es von SPD-General Matthias Miersch ein paar lobende Worte: „Die Gespräche sind von großem Respekt und echtem Gestaltungswillen geprägt. In diesem Geist geht es weiter.“ Doch von der Seitenlinie hagelt es weiter Kritik. Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander forderte einen Neustart bei Wirtschaftsthemen: „Die Parteichefs müssen die Kurve kriegen und sämtliche Zwischenergebnisse streichen, die die Wirtschaftskrise noch verschärfen.“ BDI-Präsident Peter Leibinger verlangte einen radikaleren Ansatz beim Bürokratieabbau: „Die Stimmung in der Industrie ist schlechter, als ich es je erlebt habe.“ Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer wünscht sich einen radikalen Kurswechsel bei der Migration.
Die Koalitionäre beteuern, noch nicht über Ministerlisten gesprochen zu haben. Dennoch kursieren bereits einige, es wird wild spekuliert. SPD-Chef Lars Klingbeil wird immer wieder als Finanzminister genannt, Boris Pistorius (SPD) weiterhin für Verteidigung und Carsten Linnemann (CDU) für Wirtschaft.
Nach einer unbestätigten Kabinettsliste könnte laut „FAZ“ die CDU das Umweltressort mit Andreas Jung und das Familienministerium mit Silvia Breher besetzen – beide sind bisher stellvertretende Parteichefs. Die CSU bekäme Landwirtschaft und Bildung. Genannt werden hier die bayerische Agrarministerin Michaela Kaniber und die stellvertretende Parteichefin Dorothee Bär. Dieser Liste zufolge könnte Alexander Dobrindt Innenminister werden – doch es gibt noch immer Indizien, dass er in der Fraktion die Fäden zusammenführen könnte. Kaniber werden eigentlich wenig Ambitionen auf Berlin nachgesagt.
In der SPD gibt es den Spekulationen zufolge ein Stühlerücken: Laut „FAZ“ könnte Ex-Bundestagspräsidentin Bärbel Bas statt Hubertus Heil Arbeitsministerin werden. Die Abgeordnete und Richterin Sonja Eichwede (einst Bremen, heute Brandenburg) würde Justizministerin, Entwicklungsministerin Svenja Schulze könnte ihren Job behalten. Für das neue Digitalministerium wird Kristina Sinemus (CDU) genannt, die in Hessen ein solches Haus führt.
MM