Viel ist zuletzt geschrieben worden über die Berliner Koalitionsverhandlungen und die nahende Kanzlerschaft von Friedrich Merz. Das Wenigste davon war schmeichelhaft, Vieles berechtigt, Manches aber auch alarmistisch und durchzogen vom deutschen Hang zur Schwarzmalerei. Es stimmt: Selten war die Anbahnung einer Koalition so mühsam, der mediale Gegenwind so stark wie der, den die Parteichefs Lars Klingbeil, Markus Söder und Friedrich Merz zu spüren bekamen. Das hat Gründe: Das Land hat drei Jahre bitteren Ampelstreit und einen harten Wahlkampf hinter sich. Zum Klima der Grundgereiztheit gesellte sich der Stress durch das Erstarken der Ränder, und, bei der SPD, die tiefe Verwundung durch die schwere Wahlniederlage, die sich schlecht vertrug mit Merz‘ schneidigen Ansagen von vor der Wahl. Auf dem Humus des Misstrauens zwischen den Kräften der Mitte gediehen Durchstechereien und Mutmaßungen aller Art.
Die Gräben zuzuschütten und neues Vertrauen zwischen den Akteuren zu schaffen hat länger gedauert, als manche es sich angesichts der drängenden Krisen in der Welt gewünscht hätten. Doch steckt gerade in diesen Krisen auch eine Chance: Putin und Trump im Äußeren und Demokratieverächter im Inneren stellen Deutschland und Europa auf die Probe und schweißen die Koalitionäre trotz unterschiedlicher Weltanschauungen zusammen. Läuft es gut, stellen CDU, CSU und SPD ihr Parteigezänk ab jetzt hintan. Alle wissen: Schwarz-Rot und Merz sind sowas wie die letzte Patrone unserer liberalen Demokratie. Man darf neugierig sein auf das Programm, das Union und SPD diese Woche verkünden wollen, um die lahme Wirtschaft zu beleben, Autokraten die Stirn zu bieten und die Migration zu ordnen.
Schon klar: Ohne Enttäuschungen wird das nicht gehen. Deutschland muss den Gürtel enger schnallen. Häme und Verachtung von ganz links und vor allem ganz rechts, wo man im Osten Putin und im Westen Trump hofiert, sind der neuen Regierung gewiss. Merz war, solange die Koalitionsgespräche andauerten, in einer schwachen Position. Das wird sich mit seiner Wahl zum Kanzler ändern. Nicht alle mögen ihn. Aber alle sollten ihm für die nun beginnende späte Rolle seines Lebens Glück wünschen.