München – Was er von der Hauptstadt hält, hat Markus Söder mal eindrucksvoll beschrieben. „Der schönste Weg in Berlin“, so sagte der CSU-Chef vor wenigen Jahren, „ist der nach Bayern.“ Er hat das in den letzten 45 Tagen x-fach ausprobiert, pendelte für die Koalitionsverhandlungen emsig hin und her, per Bahn, Limousine, Flugzeug. Jetzt ist klar: Es geht so weiter. Söder bleibt in Bayern, mischt aber regelmäßig in Berlin mit.
Die CSU will bei Schwarz-Rot den seit Monaten entwickelten Plan umsetzen, ein Aufpasser-Gremium für den Kanzler und seine Minister zu installieren. Der Koalitionsausschuss soll regelmäßig tagen, nicht nur von Fall zu Fall zur Streitschlichtung. Alle zwei bis vier Wochen sollen in diesem Gremium die Parteichefs – also Söder, Friedrich Merz und die SPD-Spitze –, die Generalsekretäre und die Fraktionsvorsitzenden die Richtlinien der Politik festzurren. Streiten sich zwei Minister über eine Sachfrage, soll der Koalitionsausschuss entscheiden, statt wie bisher den Ärger im Kabinett zu vertagen.
In der Wirtschaft würde man das „Aufsichtsrat“ nennen. „Söder wird heimlicher Vizekanzler“, dichtete dazu die „Bild“. Er dürfte das als eher untertrieben empfinden – denn das mächtige Gremium begrenzt auch die Richtlinienkompetenz von Kanzler Merz, der wiederum Söder gegenüber keine Weisungskompetenz hat. Zudem hat der bayerische Ministerpräsident fortan in der Bundespolitik viel mehr Macht als seine Kollegen aus NRW (Hendrik Wüst) und Schleswig-Holstein (Daniel Günther), potenzielle Rivalen, falls eine Merz-Nachfolge gebraucht wird. Ausgedacht hat sich dieses Konstrukt der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der (falls er nicht selbst Minister werden mag) auch in der Runde säße.
Risiko der Konstellation: Söder ist politisch damit voll in der Mithaftung für Groll über die Bundesregierung. Das lang erprobte Doppelspiel der CSU – im Bund mitregieren, aber in München über die in Berlin schimpfen – wird schwieriger. Die Rolle des härtesten bayerischen Berlin-Kritikers will wohl Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger übernehmen.
CD