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Merz muss einen neuen Kanzler-Stil prägen

von Redaktion

Die Koalition steht

Deutschland hat seltsame Tage hinter sich: Während draußen die Welt – vor allem dank Donald Trump – einem Tollhaus glich, sperrten sich die wichtigsten Politiker in kleiner Runde unter Schweigegelübde ein. Das Land wurde von einem Nicht-mehr-Kanzler verwaltet, dem Noch-nicht-Kanzler waren die Hände gebunden. Ganz offensichtlich hielt sich Merz zurück, um auf den letzten Metern die Genossen nicht noch zu vergraulen. Jetzt aber gibt es weißen Rauch, sprich: einen Koalitionsvertrag. Und eigentlich kann Friedrich Merz angesichts einer drohenden Weltwirtschaftskrise nicht mehr auf das letzte SPD-Mitglied im Ortsverein Buxtehude warten, bis er mit dem Regieren anfängt.

Das Erstarken der AfD in den jüngsten Umfragen entspringt auch der Sehnsucht nach einer starken Figur, die voranschreitet. Deutschland hat seit Gerhard Schröder keinen solchen Kanzler mehr gehabt. Ab 2005 etablierte sich unter Angela Merkel ein eher zurückhaltender Führungsstil, an den sich die Deutschen nach 16 Jahren so gewöhnt hatten, dass sie mit Olaf Scholz noch einmal die Verlängerung wählten. Ein Missverständnis, wie sich rasch zeigte. Merz wird einen anderen Stil pflegen. Er muss es auch. Denn Europa braucht eine Antwort auf die Trumps und Putins. Und zwar eine, die von solchen Alphamännchen auch verstanden und ernst genommen wird.

Ob es einem gefällt oder nicht: Die politische Tonlage der Welt hat sich massiv verschoben. Im Vergleich zu dem, was Trump täglich von sich gibt, wirkt die linke Aufregung um die „kleinen Paschas“ von Merz rückblickend völlig übertrieben. Wichtig bleibt aber, dass die inhaltlichen Maßstäbe nicht verrutschen. Auch wenn vieles im Koalitionsvertrag nach mühsamem Kompromiss klingt, die großen Sozial-Fragen ungeklärt bleiben und man sich insgesamt mehr Mut gewünscht hätte – die Richtung ist stimmig. Stimmiger jedenfalls als vieles, was die AfD bietet, die sich nicht entscheiden kann, ob sie Putin bewundern oder Trump bejubeln soll. Alice Weidel und Tino Chrupalla sind sich nicht mal einig, ob sie Freihandel gut finden.

Der Konservative Merz muss bis 2029 zeigen, dass er Deutschland besser regiert als der Populist Trump Amerika. Mit klarem Kompass und Werten, verlässlich, pragmatisch, undogmatisch. Also als Anti-Trump. Auf geht‘s!

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