CSU verzichtet auf Atomkraft

von Redaktion

Zwei Minister-Kandidaten in der CSU: Alexander Dobrindt und Dorothee Bär. © Jutrczenka/dpa

München – In Berlin ist es eine Rentnergruppe, die Markus Söders Auftritt abrundet. Zufällig geraten die Senioren auf Bundestagsbesuch in die Pressekonferenz der Parteichefs. Sie stehen am Rand, wollen gar nicht mehr gehen. Als Söder über die Mütterrente spricht, über Respekt vor Erwerbsbiografien, klatschen die Besucher emsig. Er stutzt, dreht sich nach links zu den Parteichefs Merz, Klingbeil, Esken und raunt: „Jetzt könnt ihr mal sehen – ich habe Recht gehabt!“

Man muss sich in diesen Tagen seinen Beifall holen, wo immer es geht, und sei es von Passanten. Denn nicht überall ist die Begeisterung für das Ergebnis der Unterhändler gleich groß. In der Union sagen am Tag nach der Vertrags-Präsentation viele, da sei arg viel Rotes drin. Die Passagen zu Strukturreformen, einem echten Durchschlagen des Bürokratie-Dickichts, seien noch zu vage; die versprochenen Sozial-Umbauten nicht konkret genug.

Zumindest in der CSU bleibt das Murren vergleichsweise leise, die Partei ist diszipliniert. Am Donnerstag lässt Söder seinen Parteivorstand in einer gemeinsamen Digitalsitzung mit den Abgeordneten in Berlin und München über den Vertrag abstimmen. Ja – einstimmig, auch nicht ganz überraschend. Söder weiß das zu choreografieren, die Sitzung besteht im Wesentlichen aus seiner einstündigen Grundsatzrede und unterstützenden Bemerkungen von Mitverhandler Alexander Dobrindt.

Den Tenor „Passt schon“ hat Söder in Berlin selbst intoniert. Dass die Partei zufrieden ist, liegt auch am CSU-Zugriff auf die Ministerien. Die allgemeine Lesart: gut verhandelt. Das Innenministerium ist wegen der Migrationskrise ein Schlüsselressort. Das Argarressort ist durch den Nostalgiebegriff „Heimat“ aufgewertet. Und das Forschungsministerium wollte Söder schon seit Wochen zu seiner Partei holen, weil es mit einem Milliardentopf an Fördermitteln hoch attraktiv ist. Es sei „das zentrale Hightech-Ministerium“ Deutschlands, sagt er.

Ziel: möglichst viel nach Bayern holen, um dort die Hightech-Offensive trotz fast ausgereiztem Staatshaushalt fortzuführen. Konkret: Hyperloop-Teststrecke, eines von zwei Quantencomputer-Zentren, eine nationale Biobank, den Fusionsreaktor und ein KI-Zentrum stehen im Vertrag und sollen (so der CSU-Plan) nach Bayern geholt werden, dazu Fördermittel für eine Magnetschwebebahn-Strecke in Nürnberg. Der Bereich Raumfahrt, jetzt auch im Titel des Ministeriums, soll ebenso überproportional die Region München stützen, weil dort die Branchenriesen für Space und Satelliten, aber auch viele Startups sitzen.

Was Söder lieber erst auf Nachfrage sagt: Eine Kernforderung hat die CSU nicht durchgesetzt– die Rückkehr zur Atomkraft. „Die Kernenergie war nicht mehr möglich zu machen“, sagt er dann. Wirtschaftlich ergebe die Wiederinbetriebnahme der Meiler nun absehbar keinen Sinn mehr.

Wer die Posten bekommt, will Söder ebenso wie die CDU-Seite erst nach der Kanzlerwahl am 6. Mai verkünden. Die logische Lösung: Alexander Dobrindt als Innenminister, Parteivize Dorothee Bär für Forschung, im Agrarressort vielleicht ein Berlin-Umzug von Michaela Kaniber, die sich dagegen allerdings noch sträubt. Eine Festlegung gibt es nicht, aber Indizien. In der internen Vorstandsrunde lobte Söder Bär ausführlich. „Taff“ sei sie, habe auch schon gestandenen SPD-Ministern „einen vor den Latz gebombt“. Die Fränkin, bald 47, lässt sich zwar auf Nachfragen zum Forschungsressort nicht ein, kann aber schon flüssig über Hightech-Strategien und Raketenprogramme reden.

Zudem hat sich die CSU einen „Mini-Minister“ im Außenressort gesichert, einen „Staatsminister“. Als Kandidat gilt Florian Hahn. Internationale Erfahrung und sehr gute Englischkenntnisse sind da die Mindestanforderung. Söder deutet an, dass er diesen Posten (eigentlich ein Staatssekretär) maximal ausnutzen will. „Von Schneizlreuth bis Washington kann man nun die CSU vorfinden. Das gefällt mir.“

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