Die Spuren sind noch allgegenwärtig: Claudia Gordon, Direktorin der Villa Aurora, begutachtet Feuerschäden.
Ein Raub der Flammen: Das abgebrannte Haus von Schauspieler Eric Braeden in Pacific Palisades. © Barbara Munker/dpa (2)
Los Angeles – Die ersten Berichte über ein Feuer in den Hügeln von Pacific Palisades am 7. Januar treffen am Vormittag ein. Blitzschnell entsteht am Westrand von Los Angeles ein Katastrophen-Szenario. Bei heftigen Santa-Ana-Winden breiten sich die Flammen rasant aus, bis zu den Stränden von Malibu. In panischer Eile flüchten Anwohner aus ihren Häusern, auf verstopften Straßen lassen einige ihre Autos zurück und bringen sich zu Fuß in Sicherheit. Am Abend bricht ein weiteres Großfeuer in Altadena, am Ostrand des Bezirks Los Angeles, aus.
Die Bilanz ist verheerend: Die „Eaton“- und „Palisades“-Feuer machen ganze Wohnviertel dem Erdboden gleich. Evakuierungen zwingen 200000 Menschen aus ihren Häusern. Erschöpfte Feuerwehrleute kämpfen wochenlang gegen das Inferno. Erst Ende Januar sind die Großbrände unter Kontrolle. Mehr als 16000 Gebäude brennen ab, 30 Menschen sterben. Noch Anfang April werden menschliche Überreste in einer Brandzone in Altadena gefunden.
„In ganz kurzer Zeit war das ein Flammenmeer“, erzählt der 84-jährige Eric Braeden, Star der US-Seifenoper „The Young and the Restless“ („Schatten der Leidenschaft“) über die Flucht mit seiner Frau aus ihrer Villa in Pacific Palisades. „So sah Nachkriegsdeutschland aus“, sagt der 1941 bei Kiel geborene Hollywood-Schauspieler über die zerstörten Nachbarschaften.
Der Beginn der Zerstörung ist nun 100 Tage her. Die Brände sind längst aus den Schlagzeilen raus, doch die Betroffenen sind von Normalität noch weit entfernt. Braedens Haus am Rand eines Canyons ist völlig zerstört. „Das ist nun eine Vollbeschäftigung mit der Versicherung und mit der Räumung der Trümmer“, sagt der Schauspieler. Doch er möchte an Ort und Stelle wieder aufbauen. Schon vor 40 Jahren habe er sich in diese Gegend verliebt.
In der Nachbarschaft liegen auch Deutschlands Kultur-Immobilien Villa Aurora und das Thomas Mann House – beide kamen zum Glück glimpflich davon. Gewöhnlich wohnen hier Stipendiaten, es finden Veranstaltungen statt. Doch das wird noch dauern. Die Nachbarhäuser der Villa Aurora sind bis auf die Grundmauern abgebrannt. In der näheren Umgebung würden nur 57 Prozent der Häuser nach dem Palisades-Feuer noch stehen, erzählt Claudia Gordon, Direktorin der Villa Aurora. Die Flammen kamen ganz nah an das Exil-Wohnhaus des Schriftstellers Lion Feuchtwanger (1884-1958) und seiner Frau Marta (1891-1987) heran. Der steil abfallende Garten brannte ab, der Hang ist mit einer Folie überdeckt, zum Schutz bei Regenfällen und vor Erdrutschen.
Rauch und Asche drangen während des Feuerinfernos in die Räume, grauer Staub legte sich auf Bücherregale, Möbel und Wände, möglicherweise auch toxische Stoffe. Seit Monaten wird mit Versicherungen und Firmen zur Instandsetzung verhandelt. Sie hätten in Bezug auf Gutachten und Reinigungsarbeiten große Fortschritte gemacht, aber belastbare Daten fehlten noch, teilte Gordon auf Anfrage der dpa mit. Frühestens im Herbst könnte die Villa Aurora ihr Residenzprogramm wieder aufnehmen. Sie hoffen aber, das Thomas Mann House im Sommer wiederzueröffnen. Zwischenzeitlich geht die Programmarbeit aber weiter, etwa online oder mit Veranstaltungen an anderen Einrichtungen, etwa dem Goethe-Institut.
„Wie eine Fahrt durch ein Set von einem Katastrophenfilm“ habe sich anfangs der Weg durch die zerstörten Nachbarschaften angefühlt, sagt Gordon. Noch immer sind die am schwersten betroffenen Gebiete abgesperrt, nur für Anwohner oder Hilfsteams zugänglich. Die Trümmer in den Straßenzügen wegzuräumen könnte nach Schätzung des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom bis zu neun Monate dauern. Die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, stellte einen raschen Wiederaufbau in Aussicht.
An einigen der berühmten kalifornischen Strände, auch im Surferparadies Malibu, würde immer noch Asche angespült, berichtete die „Los Angeles Times“. Doch die Behörden hätten nach Tests Entwarnung gegeben – dies sei für Schwimmer, Surfer und Strandgänger nicht weiter gefährlich.