WIE ICH ES SEHE

Eine Botschaft zu Ostern – aus London

von Redaktion

Überall, wo es Christen gibt, bleibt Ostern das größte Fest der Kirchen, so unterschiedlich die Ausrichtungen auch sonst sein mögen. Jesus von Nazareth, der Mensch, gekreuzigt und gestorben, wird zum auferstandenen Christus. Das bleibt das Zeichen der Hoffnung und Erlösung auch für unsere Welt.

Speziell das protestantische Luthertum aber ist in Glaubensdingen bis heute unverändert so etwas wie der größte deutsche Exportartikel überhaupt. Keine geringe Rolle hat dabei unser ansonsten längst vergessener Kaiser Wilhelm II. gespielt. Er liebte das Predigen. Auf seinen Reisen hat der Monarch, wo es passte, deutsche Auslandsgemeinden lutherisch-protestantischen Glaubens gefördert. Das ging von Jerusalem bis nach London, wie uns diese Karwoche wieder vor Augen geführt hat.

Die deutsche evangelische Christuskirche, erbaut 1904 mit Mitteln des Barons John Henry Schröder, liegt am Montpelier Place im Londoner Stadtteil Knightsbridge. Unzerstört in den beiden Kriegen finden hier in dieser Woche die traditionellen Ostergottesdienste in einer Umgebung statt, die sich seit der Einweihung der Kirche am 27. November 1904 in nichts geändert hat. Auch das Abendmahl-Kreuz und die Altarleuchter, gestiftet von Kaiser Wilhelm II., sind noch vorhanden. Einen hohenzollerschen Geldfonds gibt es noch immer, aus dem diese Gemeinde schöpfen kann.

In London gibt es aber weitere evangelisch-lutherische Kirchengemeinden. Darunter ist die Gemeinde Sydenham, heute als Dietrich-Bonhoeffer-Kirche geadelt, weil ihr Namensgeber Dietrich Bonhoeffer dort 1934 Gemeindepfarrer war und gepredigt hat. Am 5. November 1934 haben sich im Gemeindesaal der Christuskirche die Vertreter aller deutschen evangelischen Gemeinden in Großbritannien versammelt. Bonhoeffer hielt ein Referat über die kirchliche Lage in Deutschland unter der Nazi-Herrschaft. Die „Deutsche Christen“ genannte Strömung im Protestantismus wollte damals die Kirche an die rassistische Ideologie des Nationalsozialismus anpassen. Dagegen war die im Mai 1934 gegründete „Bekennende Kirche“ eine Bewegung gegen den Versuch einer Gleichschaltung der Evangelischen Kirche mit dem Nationalsozialismus. Das Thema von Bonhoeffer war daher hochaktuell. Nach seinem Vortrag erklärte die Versammlung in einer einmütigen Resolution, „dass sie sich innerlich der Bekenntniskirche zugehörig wüssten…“

Bonhoeffer, der aufrechte Patriot, kehrte nach Deutschland zurück. Am 9. April 1945 wurde er im KZ Flossenbürg ermordet.

In der Londoner Christuskirche aber ist zur Erinnerung an sein Bekenntnis bis heute ein Leitspruch von Bonhoeffer zu sehen, der sehr wohl auch in unsere Zeit passt, die wieder von autoritären Mächten bedroht ist: „Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen. Nicht im Möglichen schweben, das Wirkliche tapfer ergreifen. Nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit.“

Möge dieses Osterfest uns nicht nur christliche Hoffnung geben, sondern die Kraft und die Bereitschaft, Bonhoeffer auf diesem Weg zu folgen.

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