Heftige Schelte für Söders Lächel-Selfie

von Redaktion

„Würdelos vor Papst-Trauerfeier“: Alte Rivalen kritisieren Inszenierung der Rom-Reise scharf

Die argentinische Nationalflagge am Straßenrand. © kna

Ordensschwestern aus Afrika warten hinter einer Absperrung vor der Basilika Santa Maria Maggiore. © Jens Schicke/dpa

Viele Bayern in Rom: Kardinal Reinhard Marx kommt mit anderen Kardinälen auf den Petersplatz. © dpa

Markus Söders Selfie mit dem Bundespräsidenten.

Rom/München – Im falschen Moment zu lachen – das kann in der Politik hohe Wellen schlagen. Jetzt trifft es Markus Söder: Der Ministerpräsident erntet aus allen Richtungen scharfe Kritik für ein Grinse-Selfie auf dem Weg zur Papst-Beerdigung. Im Flugzeug nach Rom bat er Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um ein gemeinsames Foto und verbreitete das sofort nach der Landung. Nun gehe es mit Steinmeier im Konvoi „zu den Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Papst Franziskus“, postete Söder.

Aus vielen Parteien folgte schon Minuten später scharfe Kritik; es sind auch unionsinterne Abrechnungen dabei. Ausgerechnet Armin Laschet (CDU), der mit seiner Heiterkeit in einem Flutgebiet sein Scheitern als Unions-Kanzlerkandidat 2021 beschleunigt hatte, meldete sich zu Wort. „Verstörend“ sei „mancher Selfie-Kult“, verbreitete Laschet. Man darf davon ausgehen: Das Tischtuch zwischen Laschet und Söder ist spätestens jetzt für ewig zerschnitten, die zwischenzeitliche Annäherung ist verloren. Der CDU-intern weit links stehende Europaabgeordnete Dennis Radtke sagte zudem dem „Tagesspiegel“: „Es ist ja ein beeindruckendes Talent, aus jedem Misthaufen einen Luftkurort zu machen, aber Scham und Pietätsgrenzen gibt es offenbar keine mehr.“ Er warf Söder vor, „Politik als reines Event inklusive Infantilisierung und Banalisierung“ zu inszenieren.

Auch andere, die sich regelmäßig an Söder abarbeiten, meldeten sich. „Beerdigungs-Reiseselfies haben doch etwas recht Würdeloses. Die Beerdigung des Papstes ist nicht das Oktoberfest“, verbreitete die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie spottete, man müsse „schon froh sein, dass Söder nicht auch noch einen Döner in der Hand hat“. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann twitterte, Söder agiere „peinlich und pietätlos“. Haßelmann ihrerseits war auf einem Grinse-Selfie der Grünen auf einer Demo im Januar nach dem Terroranschlag in Aschaffenburg zu sehen.

Ob Steinmeier klar war, dass Söder das Selfie sofort veröffentlichen wird, ist nicht genau zu rekonstruieren. Der CSU-Chef wiederum bekam die Reaktionen schnell mit. Er setzte in rascher Folge weitere, ernstere Tweets (und Fotos von sich) ab, außerdem ein Instagram-Video. Er sprach von einem sehr bewegenden Moment. „Was schön war: Nicht nur Trauer, sondern heute auch viel, viel Dankbarkeit, auch zum Teil ein bisschen Freude, diesen Papst gehabt zu haben.“ Franziskus sei „ein großer Mensch und ein fröhlicher Christ“ gewesen.

Söder setzt seine Tweets und Posts meist selbst ab, ohne lange Rücksprache mit Mitarbeitern. Das wirkt lebendiger und erzielt mehr Reichweite (bei Söder: Millionen) als manch glattgestrichene Formulierung aus der Ministerialbürokratie. Manchmal verrutscht aber was. So wie 2018, ebenfalls im Flugzeug gen Rom. Da twitterte er ein Foto von sich an der gecharterten Maschine mit dem Satz: „Heute Besuch des heiligen Vaters im Vatikan.“ Viele Leser spöttelten, ob sich Söder für den Heiligen Vater halte.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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